Perioperatives Management - Carotiskürzung bei hochgradiger Knickstenose der A. carotis interna Typ I/III rechts

  1. Indikationen

    Ziel der operativen Beseitigung von Engstellen der Halsschlagader ist es, Schlaganfälle zu verhindern und die damit verbundene Invalidität und Sterblichkeitsrate zu senken.

    Für die Knickstenose der A. carotis interna (ACI) ergibt sich die Indikation zur Intervention bei:

    • neurologischer Symptomatik (TIA, Amaurosis fugax, Hemiparese, Apoplex)
    • bilateraler hochgradiger Kinking-Stenose mit einem Stenosegrad > 70 %, auch ohne neurologische Symptomatik
    • Pseudo-Okklusion verursacht durch eine Knick-Bildung

    Formen der Knickstenosen an der ACI nach Weibel und Field*

    PM 300-1b

    Typ I

    Elongation  (Tortuosity)

    Typ II

    Schlingenbildung (Coiling)

    Typ III

    Knickbildung (Kinking)

    *Weibel J, Fields WS (1965)  Tortuosity, coiling, and kinking of the internal carotid artery.Neurology15, I 7±18, II 462±468.

    Filmbeispiel

    PM 300-2
    CT-Angiographie: Knickstenose Typ III der rechten ACI
  2. Kontraindikationen

    Nicht operationsbedürftig sind:

    • asymptomatisches unilaterales Kinking mit mittelgradiger Stenose
    • Coiling ohne Stenose als anatomische Variante
  3. Präoperative Diagnostik

    Anamnese

    • vaskuläre Risikofaktoren: Rauchen, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus

    Klinisch-neurologische Untersuchung

    • > 90 % der Stenosen und Verschlüsse von supraaortalen Gefäßen (ACI, A. vertebralis u.a.) bleiben klinisch asymptomatisch und werden im Rahmen von Screeninguntersuchungen oder präoperativer Bildgebung entdeckt
    • Symptome einer Läsion der hirnversorgenden Gefäße hängen vom betroffenen Gefäß, vom zeitlichen Verlauf und von der vorherrschenden Kollateralisierung (z.B. über den Circulus arteriosus cerebri) ab
    • TypischeSymptome einer Störung des Karotisstromgebiets (A. carotis interna) sind:

             ◊ motorische oder sensible Hemisymptomatik (z.B. „Halbseitenlähmung“)

             ◊ Amaurosis fugax (vorübergehende einseitige Blindheit: A. ophtalmica)

             ◊ kortikale Funktionsstörungen (Sprache, visuell-räumliche Wahrnehmung)

             ◊ homonyme bilaterale Gesichtsfeldeinschränkungen sind in der Regel keine typische Symptomatik bei Stenosierungen der A. carotis interna

    • Wichtig: Auskultation der A. carotis ist zur Stenosedetektion nicht geeignet

    Kardiologische Untersuchung

    • 30 % der Patienten haben eine behandlungswürdige KHK

    Farbkodierte Duplex-Sonografie

    Bei der Ultraschalluntersuchung der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße sollten stets alle Gefäße im Quer- und Längsschnitt begutachtet werden:

    • A. carotis communis von proximal bis zur Karotisbifurkation
    • Karotisbifurkation mit dorsolateral abgehender A. carotis interna
    • A. carotis externa
    • A. vertebralis in den Segmenten V1 bis V3
    • A. subclavia und A. axillaris

    Suche nach hämodynamisch relevanten Plaques und deren morphologischer Beschreibung (B-Bild):

    • echoreich versus echoarm
    • homogen versus inhomogen
    • glatt versus unregelmäßig konfiguriert

    Prognostisch ungünstige Plaque-Parameter:

    • echoarme Plaquebinnenstruktur
    • langstreckige Plaque > 1cm
    • Plaquedurchmesser > 4 mm
    • Längspulsation der Plaque nach distal

    Nach internationaler Übereinkunft soll die Stenosequantifizierung nach den NASCET-Kriterien erfolgen.

    Kontrastmittelverstärkte MR-Angiographie oder ersatzweise eine  CT-Angiographie

    • Validierung der Befunde bzw. zur Therapieplanung
    • Evaluierung intrakranieller Gefäße und eventueller Parenchymschäden (stattgehabte Hirninfarkte)

    Digitale Subtraktionsangiographie (DSA) der hirnversorgenden Arterien 

    • nur dann, wenn mit den nichtinvasiven Verfahren keine konklusive Aussage möglich ist und eine therapeutische Konsequenz resultiert
    • Beispiel: im MRT o. CT nicht einsehbare Knickstenose

    CT oder MRT des Gehirns

    • bei symptomatischen Patienten Parenchymbildgebung vor geplanter Revaskularisation
    • bei asymptomatischen Patienten kann eine derartige Bildgebung wichtige Zusatzinformationen liefern, z. B. Nachweis eines klinisch stummen Hirninfarkts

    Röntgenuntersuchung Thorax

    Labor

    • BB
    • Elektrolyte
    • Gerinnung
    • Retentionswerte
    • Leberenzyme
    • Blutfette
    • Blutgruppe

    Bei allen Patienten mit arteriosklerotischer Carotisstenosen sollten weitere Folgeerkrankungen der Arteriosklerose (koronare Herzkrankheit [KHK], periphere arterielle Verschlusskrankheit [PAVK]) erfasst werden!

  4. Spezielle Vorbereitung

    • Seite markieren
    • Nüchternheit 2 – 6 Stunden je nach Klinik-Standard
    • Aggregationshemmer belassen; bei dualer Therapie individuelle Entscheidung je nach kardialem Risiko-Profil
  5. Aufklärung

    Allgemeine Operationsrisiken

    • Schwere Blutungen, Bluttransfusionen, Übertragung Hepatitis/HIV durch Fremdblutkonserven
    • Allergie/Unverträglichkeit
    • Wundinfektion
    • Thrombose/Embolie
    • Haut-, Gefäß-, Nervenschädigung z. B. durch Lagerung
    • Keloide

    Spezifische Operationsrisiken

    • Hirndurchblutungsstörungen/Apoplex
    • Durchblutungsstörungen der Augen bis hin zur Erblindung
    • Verletzung von Halsnerven: Heiserkeit, Stimmverlust, Schluck- und Atemstörungen, Mundwinkelparese, Schulterhebeschwäche
    • Nachblutungen, hämatombedingte Trachea-Kompression, notfallmäßige operative Entlastung
    • Verletzung Glomus caroticum: Arrhythmien, Blutdruckschwankungen
    • kardiopulmonale Komplikationen: Myokardinfarkt, Pneumonie, Lungenembolie
    • Hyperperfusionssyndrom: Krampfanfälle, neurologische Defizite, migräneartige Kopfschmerzen, Hirnödem, -blutung
    • Naht-Aneurysma -> Re-OP
    • intraoperative Angiografie: kontrastmittelbedingte Niereninsuffizienz

    Spezifische Risiken bei Operation in Regionalanästhesie (Plexus cervicalis)

    • Horner-Syndrom (Hängen des Augenlids)
    • Wärmegefühl im Gesicht, Heiserkeit, Atembeschwerden
    • Mitbetäubung benachbarter Strukturen: Plexus brachialis, Halsrückenmark
Anästhesie

ITNRegionalanästhesie (Plexus cervicalis) & Infiltrationsanästhesie bei kooperativen Patienten;

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