Antirefluxchirurgie – Netzaugmentation bei Hiatushernien
Die Versorgung von Hiatushernien im Rahmen der Antirefluxchirurgie durch eine primäre Hiatoplastik ist je nach Studie mit einer Rate von 10 bis 20 % Rezidivhernien behaftet (1, 2, 3, 4, 6, 10, 11, 15, 18, 19, 23 ), wodurch die Fundusmanschette nach kranial wandert und intrathorakal zu liegen kommt, was als „slipped-Nissen-Fundoplicatio“ bezeichnet wird.
Bereits 1993 wurde erstmals die Verwendung von Kunststoffnetzen zum Verschluss von Hiatushernien untersucht (12). Mit zunehmendem Einsatz von Netzen am Hiatus wurden in der Vergangenheit allerdings in Hinblick auf beobachtete Komplikationen immer häufiger Bedenken gegen die alloplastische Verstärkung geäußert (12, 17, 22). Andererseits nimmt die Zahl der Rezidivhernien nach Netzverstärkung am Hiatus ab (5).
Als Hauptprobleme bei der alloplastischen Verstärkung am Hiatus werden gesehen:
1. Vermehrt postoperative Dysphagien
Die Verwendung von Netzen am Hiatus führt unmittelbar postoperativ zu einer erhöhten Dysphagierate im Vergleich zur netzfreien Versorgung, wobei sich jedoch nach einem Jahr kein Unterschied mehr findet. Problematisch sind jedoch persistierende Stenosierungen durch Narbenbildung und Fibrosierung im periösophagealen Gewebe, da sie in der Regel nicht durch Bougierungen behoben werden können, sondern eine Resektion erforderlich machen (20, 21).
2. Netzperforation in Ösophagus und Magen
Die Netzperforation wird als die dramatischste Komplikation einer Hiatusaugmentation angesehen, von der erstmals 1998 berichtet wurde (17). Sie kann erst spät postoperativ auftreten, Fälle nach 7 oder 9 Jahren sind bekannt. Gelegentlich kann es gelingen, den Fremdkörper endoskopisch zu bergen, meist ist jedoch eine partielle Ösophagogastrektomie indiziert.
3. Infektrisiko
Die Implantation eines Fremdkörpers ist immer auch mit einem gewissen Infektrisiko verbunden. Mit 0,5 % der Fälle (5) ist die Häufigkeit zwar gering, im Allgemeinen jedoch folgenschwer, da sie einer operativen Revision der Kardiaregion bedarf.
4. Sekundärprobleme
Probleme können durch die Art und Weise auftreten, wie das Netz am Hiatus fixiert wird. Spiraltacker sind mit größter Vorsicht anzuwenden, da bereits mehrere Fälle von Perikardläsionen bekannt sind. Im Jahr 2000 wurde über eine Koronargefäßläsion mit letalem Ausgang berichtet (13). Alternativ zur Verwendung von Tackern wird die Fixation mittels Gewebekleber oder Naht empfohlen (16).
Netzmaterialien
Hinsichtlich der möglichen Komplikationen durch die Verwendung von Kunststoffnetzen am Hiatus geht der Trend zum Einsatz von resorbierbaren Netzmaterialien, von denen eine bessere Integration in den Gewebeverbund und eine geringere Fibrosierung und Adhäsionsbildung erwartet wird. Die ersten Ergebnisse zeigen weniger Stenosen und Erosionen als bei nicht-resorbierbaren Netzen, lassen jedoch eine Zunahme an Rezidiven im Vergleich zu nicht-resorbierbaren Netzen erkennen (5). Inwiefern besonders leichte, nicht-resorbierbare Netze hilfreich sind, deren Netzdesign und/oder Beschichtung eine Fremdkörperreaktion unterbinden soll, ist derzeit noch unklar (5, 7, 8, 9).
Im Jahr 2010 veröffentlichte die Society of American Gastrointestinal and Endoscopic Surgeons, SAGES, die Ergebnisse einer Umfrage zur alloplastischen Versorgung von Hiatushernien (5). Die Ergebnisse zu rund 5.500 Hiatushernien, bei denen eine Netzverstärkung durchgeführt worden war, sehen wie folgt aus:
- 77 % bzw. 23 % der Eingriffe erfolgen laparoskopisch bzw. offen
- verwendete Netztypen: 28 % Biomaterial, 25 % PTFE (Polytetrafluorethylen), 21 % PP (Polypropylen)
- Netzfixierung: 56 % Naht
- Hernienrezidive: 3 % (überwiegend resorbierbare Netze)
- Stenosen und Erosionen: 0,2 % bzw. 0,3 % (überwiegend nicht-resorbierbare Netze)
Die Studie kommt zu dem Schluss, das die alloplastische Versorgung von Hiatushernien bei vertretbarem Komplikationsrisiko geeignet ist, die Rezidivrate im Vergleich zur netzfreien Versorgung deutlich zu senken.