· Die intraoperativen Komplikationen entstehen durch eine unbeabsichtigte Verletzung anatomisch benachbarter Strukturen.
· Die Häufigkeit liegt grundsätzlich bei Koloneingriffen zwischen 2 und 12%
Cave: Bekannte Risikofaktoren für eine intraoperative Verletzung benachbarter Strukturen sind:
· Adipositas
· Voroperationen
· Verwachsungsbauch
· Notfalleingriff
· T4-Tumor oder ausgedehnte Begleitentzündung
Darmverletzung:
- Häufigkeit 1-3 %, eine notwendige Adhäsiolyse erhöht das Risiko auf 4-13 %
- Mögliche Verletzungsmuster:
- Oberflächliche Serosaverletzungen
- Transmurale Läsionen der Darmwand
- Thermische Schädigung der Darmwand mittels bioplarer Schere oder Ultraschalldissektor, insbesondere im Bereich der linken Flexur.
- Mesenteriale Einrisse mit folgender Ischämie des abhängigen Darmabschnittes
- Verletzung durch die Trokaranlage, Verresnadel
- Prävention:
- Bei Rezidiveingriffen Inzision möglichst außerhalb der Narbe
- Offenes Einbringen des ersten Trokars nach Voroperationen
- Fassen des Darms möglichst im Bereich der Taenien oder Appendices epiploicae nur mit atraumatischen Fasszangen unter Sicht.
- Keine blinden Koagulationen, Vorsichtige, gezielte Präparation mit Ultraschallscheren/bipolaren Versiegelungsinstrumenten
Cave: Ultraschallschere und bipolare Versiegelungsdevices können noch mehrere Sekunden nach der aktiven Verwendung thermische Schäden verursachen.
- Vorgehen beim Erkennen:
- Robotische Übernähung bei Serosaläsionen und kleineren Defekten
- Bei größeren Defekten >1/2 der Zirkumferenz oder bei mesonahen Läsionen: robotisch assistierte Resektion und Anastomose
Milzverletzung
- Verletzungsmechanismus: Durch Zug am Kolon oder Omentum majus bei der Mobilisation der linken Flexur kommt es typischerweise zu inferior oder medial gelegenen oberflächlichen Kapselläsionen.
- Prävention: Mobilisation der linken Flexur mit großer Sorgfalt und unter guter Einstellung des Situs. Omentale Adhäsionen zur Milzkapsel sollten frühzeitig gelöst werden.
- Vorgehen beim Erkennen:
- Koagulation mit bipolarem Strom (bipolar Forceps), ggf. Hämostyptikum (Tachosil, Flowseal etc.) anbringen bzw. Fibrinkleber applizieren.
- Eine milzerhaltende Therapie sollte immer angestrebt werden, da diese mit einer geringeren Komplikationsrate behaftet ist als die Splenektomie.
Bemerkung: Eine Laparotomie ist nur in Ausnahmefällen notwendig.
Pankreasverletzung
- Verletzungsmechanismus: Bei der Mobilisation der linken Flexur und auch bei der Versorgung der V. mes. Inf. präpariert man nahe am Pankreasschwanz und am Pankreasunterrand, so dass es hier im Zuge dessen zu einer Verletzung kommen kann.
- Vorgehen beim Erkennen:
- Bei Blutungen ist ähnlich wie bei Verletzungen der Milz vorzugehen. Es erfolgt die Koagulation mit bipolarem Strom (bipolar Forceps), ggf. Hämostyptikum (Tachosil, Flowseal etc.) anbringen bzw. Fibrinkleber applizieren.
- Bei Parenchymverletzungen empfiehlt sich die Anlage einer Drainage, um bei etwaiger Pankreasfistel das Sekret ableiten zu können und einem postoperativen Verhalt vorzubeugen
Ureterverletzung
- Verletzungsmechanismus: Bei der Mobilisation des Sigmas kann es aufgrund seiner engen anatomischen Lagebeziehung zur Verletzung des Ureters kommen. Hierbei sind neben scharfen partiellen oder vollständigen Durchtrennungen auch Stromschäden möglich
- Prävention:
- Schonung der Gerota-Faszie
- Sichere Identifizierung des Ureters
- Einsatz von ICG zur besseren Visualisierung
CAVE bei Voroperationen und entzündungs- oder tumorbedingten Adhäsionen mit Aufhebung der anatomischen Schichten im kleinen Becken. Eine präoperative Schienung des Ureters sollte zur Erleichterung seiner Identifikation erwogen werden.
- Diagnostik intraoperativ
- Visuelle Untersuchung
- Therapie
- Schienung und Übernähung bei kurzstreckigen Verletzungen
Bemerkung: Bei oberflächlichen Verletzungen kann eine laparoskopische Übernähung versucht werden; andernfalls empfiehlt sich eine kleine Laparotomie in unmittelbarer Projektion auf die Verletzungsstelle, um den Ureter unter Sicht offen zu nähen. In jedem Falle ist die Einlage einer Ureterschiene indiziert.
- Ausgedehnte Verletzungen oder partielle Resektionen machen komplexe urologische Rekonstruktionen (Ausleitung, Einpflanzung Gegenseite, Psoas-Hitch-Plastik) erforderlich.
Intraoperative Blutung
- Risikofaktoren:
- Adipositas
- Veränderte Anatomie durch Voroperationen, Entzündungen und Tumoren
- Notfalleingriffe
- Symptome/Klinik: Abhängig von der Größe des verletzten Gefäßes und dem verbundenen Blutaustritt von intraoperativ unauffälligen Verläufe bis hin zur akuten Schocksymptomatik (hämorrhagischer Schock) möglich.
- Diagnostik: Intraoperatives visuelles Identifizieren der Blutungsquelle
- Prävention:
- Identifikation OP- oder patientenbezogener Risikofaktoren für Blutungskomplikationen
- Nutzung von ICG zur Identifikation der vaskulären Strukturen
- Therapie
- Temporäre Blutungskontrolle durch Kompression mit laparoskopischen/robotischen atraumatischen Instrument
- Information von OP-Team und Anästhesie
- Schaffen der bestmöglichen materiellen wie auch personellen Situation chirurgisch (Gefäßchirurg, zweiter erfahrener Operateur) wie auch anästhesiologisch (Oberarzt, EKs, Volumen, etc.)
- Transfusion wenn Transfusionskriterien vorliegen
- OP-Taktik
- Verletzung muskulärer oder epigastrischer Gefäße in der Bauchdecke bei der Trokarplatzierung: Kompression, ggf. über einen gefüllten Blasenkatheter. U-Nähte oberhalb und unterhalb der Trokareinstichstelle. Im Zweifelsfall Erweiterung der Inzisionsstelle und direkte Umstechung, insbesondere bei adipösen Bauchdecken.
- Blutungen aus kleineren Gefäßen können in der Regel mittels bipolaren Stroms oder Ultraschallschere und ggf. durch Clipping gestillt werden.
- Bei Verletzungen von großen Gefäßen (z.B. Aorta, Vena cava) ist die sofortige Laparotomie indiziert. Information der Anästhesie und Bereitstellung von Blutkonserven, ggf. Hinzuziehung eines Gefäßchirurgen und Bereitlegen eines Gefäßsiebes, Schaffung anatomischer Übersicht, Reparation des Gefäßdefektes.
CAVE: Unkontrollierter Einsatz des Saugers insbesondere bei venösen Verletzungen kann den Blutverlust deutlich aber fast unmerklich erhöhten. Daher Kompression bis Versorgungsbereitschaft hergestellt ist und erst dann unter gezieltem Einsatz des Sauers Versorgung der Verletzung
Intraoperative Leckage der Anastomose
- Diagnostik: Ausführen einer intraoperativen Dichtigkeitsprobe als hydropneumatische Dichtigkeitsprobe oder als Probe mit verdünnter Methylenblaulösung.
- Therapie: Ist die Dichtigkeitsprobe auffällig, kann bei kleiner und gut zugänglicher Insuffizienz eine Übernähung versucht werden. Im Zweifel sollte die Neuanlage der Anastomose erfolgen. Grundsätzlich sollte bei einer intraoperativen Leckage die Anlage eines protektiven Ileostomas erwogen werden.