Abdominelle Adhäsionen treten nach 50 bis 100 % aller bauchchirurgischen Operationen auf (9). Ausgelöst werden sie durch die Verletzung des Peritoneums, dessen Heilungsprozesse durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden und fehlgesteuert verlaufen können.
Im Gegensatz zu den meist asymptomatischen angeborenen oder postinflammatorischen Adhäsionen verursachen postoperative Verwachsungen rund 40 % aller Darmobstruktionen. Während Dickdarmstenosierungen durch Adhäsionen eher selten sind, können 65 bis 75 % aller Dünndarmverschlüsse auf Adhäsionen zurückgeführt werden (24). Insbesondere Kolektomien mit großflächiger peritonealer Verletzung sind mit einem Risiko von 11 % behaftet, innerhalb des ersten postoperativen Jahres zu einem Ileus zu führen (29).
Adhäsionen führen nicht nur zu Meteorismus, chronischen Bauchbeschwerden, Stuhlunregelmäßigkeiten und Darmverschlüssen, sondern können auch ursächlich für eine sekundäre Infertilität sein und das Risiko für eine Extrauteringravidität erhöhen (27, 35). Tierexperimentelle und klinische Studien zeigten, dass das viszerale Peritoneum (Uterus, Ovar, Tube und Darm) deutlich mehr von Verwachsungen betroffen ist als das parietale Peritoneum von Becken- und Bauchwand (18, 22).
Strategien zur postoperativen Adhäsionsreduktion
Maßnahmen zur Prävention postoperativer Verwachsungen lassen sich aus den pathophysiologischen Grundlagen der Adhäsionsentstehung ableiten und können in 3 Kategorien unterteilt werden (28, 34), die hier kurz bewertet werden sollen:
- Einhaltung chirurgischer Prinzipien („good surgical practice“)
- Lokale oder systemische Applikation von adhäsionsreduzierenden Adjuvanzien
- Barrieremethoden
1. Einhaltung chirurgischer Prinzipien
Serosaverletzungen und die Verwendung von Fremdkörpern sollten auf ein Minimum reduziert werden (19). In Verbindung mit peritonealen Verletzungen stellen Blut und Blutkoagel einen potenzierenden Faktor für die Adhäsionsentstehung dar, da zusätzliches Fibrin durch die fibrinolytische Aktivität des Peritoneums abgebaut werden muss, dessen Kapazität zur Vermeidung von Adhäsionen nicht ausreicht (11). Vor dem Bauchdeckenverschluss sollte daher eine subtile Blutstillung durchgeführt werden – jedoch keine übermäßige, Nekrosen verursachende „Erythrozytenjagd“ – sowie die Abdominalhöhle mit warmer Kochsalz- oder Ringerlösung gespült werden, um sie von Blutresten und Koageln zu befreien.
Es gibt Hinweise, dass bei laparoskopischen Verfahren weniger Verwachsungen auftreten als bei Laparotomien (13, 20), was auf eine Reduzierung des Peritonealtraumas durch präzisere Präparation, geringere Kontamination der Abdominalhöhle, geringerer Inzidenz von postoperativen Infektionen und einer Tamponadewirkung des Pneumoperitoneums bei Blutungen zurückzuführen ist. Allerdings besitzt die Laparoskopie verfahrensimanente Risiken für die Adhäsionsentstehung: Mesothelläsionen durch lange Operationsdauer, hohen Insufflationsdruck, Verwendung von trockenen und kalten Gasen (31).
2. Lokale oder systemische Applikation von adhäsionsreduzierenden Adjuvanzien
Um die Induktion von Adhäsionen durch „fremde Körper, Ligaturen durch entsprechende Schnürstücke und durch Brandschorfe“ (38) zu reduzieren, wurde bereits vor über 100 Jahren mit zahlreichen Substanzen experimentiert. Dazu gehörten u. a. die Glaskörperflüssigkeit von Kalbsaugen, Olivenöl, Vaseline, Paraffin, Amnion-Flüssigkeit, Chymus und weitere exotische Substanzen.
Von den in neuzeitlichen tierexperimentellen Studien zur Adhäsionsprävention verwendeten Adjuvanzien haben so gut wie keine eine nennenswerte klinische Bedeutung erlangt. So zeigten Antikoagulantien wie Heparin und Fibrinolytika wie Streptokinase, Urokinase und Plasmin-Aktivator zwar eine Reduktion von Verwachsungen, gleichzeitig aber auch eine Zunahme postoperativer Blutungen und Wundheilungsstörungen (11). Nicht-steroidale Antirheumatika (Ibuprofen) und Kortikosteroide (Dexamethason) sollen über eine Hemmung der Proliferation von Bindegewebe der Bildung fibröser Adhäsionen entgegenwirken, was in der Gynäkologie zu recht unterschiedlichen Resultate führte. Aufgrund der nicht kalkulierbaren Effizienz und der Nebenwirkungen wie Immunsuppression und Wundheilungsstörungen (Steroide) und ulzerogenem Potenzial (NSAR) sind diese Substanzen zur Adhäsionsprophylaxe nicht geeignet (9).
In die Abdominalhöhle applizierte Elektrolytlösungen (NaCl- und Ringer-Lösung) und kristalloide Lösungen zeigen keinen adhäsionsreduzierenden Effekt (18), was auf die zu rasche Resorption der Lösungen zurückzuführen ist. So liegt die Resorptionsrate kristalloider Lösungen durch das Peritoneum bei 35 ml/Stunde, sodass 1000 ml der Lösung bereits innerhalb von 30 Stunden resorbiert sind und daher für die gesamte Dauer der Peritonealheilung nicht zur Verfügung stehen. Die Instillation größerer Flüssigkeitsvolumina beeinträchtigt wiederum die Bakterienclearance der Abdominalhöhle. Dextranlösung mit einem Molekulargewicht von 70.000 D als 32%ige Lösung kann aufgrund seiner osmotischen Wirkung 2,5 – 3mal mehr Flüssigkeit als die ursprünglich in die Bauchhöhle applizierte Menge akkumulieren und wird langsam über 5 – 7 Tage resorbiert. Der protektive Effekt von Dextran hinsichtlich der Adhäsionsentstehung wurde in Studien jedoch höchst unterschiedlich bewertet (9, 17). Mögliche Nebenwirkungen von Dextran sind Ödeme, Pleuraergüsse und Koagulopathien.
3. Barrieremethoden
Die Überlegung, peritoneale Wundflächen zu separieren und dadurch die Entwicklung von Adhäsionen zu verhindern, ist nicht neu. So gab es parallel zur Anwendung der vorgenannten flüssigen Medien vor über 100 Jahren Versuche, Adhäsionen durch die intraabdominelle Platzierung von Amnion-Membranen, Fischblasen, Karpfen- und Rinderperitoneum, geölter Seidentücher, Silber- und Goldfolien zu verhindern.
Zur Separation von lädierten peritonealen Oberflächen stehen mittlerweile verschiedene bioabsorbierbare Filme und Gele, solide Membranen und flüssige Barreiermaterialien zur Verfügung, die als sicher eingestuft werden (18). Zu den Produkten gehören u. a. Polyethylenoxid, Hyaluronsäure, Carboxymethylcellulose, Icodextrin 4 %, Polytetrafluorethylen und Polyethylenglykol.
Die Effektivität von Barrieremembranen aus Hyaluronsäure und Carboxymethylcellulose (Seprafilm®) in der Adhäsionsprophylaxe wurde in mehreren Studien untersucht:
So verglich Diamond (6) in einer prospektiven, randomisierten blinden Studie die Anwendung von Seprafilm® bei 127 Frauen mit Myomenukleation versus keiner Applikation. 23 Tage nach dem Eingriff wurden durch einer Laparoskopie Ausmaß und Schwere evtl. vorhandener Adhäsionen überprüft mit dem Ergebnis, das sich in der behandelten Gruppe eine signifikante Reduktion von Adhäsionen fand. Die Verwendung der Barrieremembran beim Bauchdeckenverschluss nach Kolektomien und Ileum-Pouchanlage zeigte bei Kontroll-Laparoskopien, dass 51 % der behandelten Patienten im Bereich des Laparotomiezugangs adhäsionsfrei waren im Gegensatz zu 6 % der nicht behandelten Kontrollgruppe (2, 40). In einer Metaanalyse von etwa 5200 Patienten aus 28 Studien konnte gezeigt werden, das sich die Reoperationsrate bei adhäsionsbedingten Dünndarmobstruktionen durch die Verwendung von Cellulosemembranen um über 50 % reduzieren lässt (36).