Nahttechnik
Narbenhernien stellen langfristig die häufigste Komplikation nach Laparotomie dar (4). Sie werden in der Literatur mit einer Häufigkeit von 11-16 % angegeben (13). Die tatsächliche Inzidenz liegt angesichts der Tatsache, dass bis zu 30 % dieser Hernien asymptomatisch bleiben vermutlich noch um einiges höher (5).
Die 2009 veröffentlichte (2) INSECT-Studie verglich 3-armig an 625 Patienten den postop. Verlauf nach Einzelknopfnaht vs. schnell bzw. langsam resorbierender fortlaufender Schlingennaht. Dabei wurden sowohl für die Ausbildung von Narbenhernien als auch für weitere Untersuchungskriterien (Platzbauch, Wundinfektionen, pulmonale Komplikationen) keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden festgestellt. Auch diese Studie zeigte mehr postoperative Bauchwandhernien als bisher angenommen. Die Ergebnisse liegen bei bis zu 25 % pro Klinik. Die INSECT-Studie war Auslöser für intensive Diskussionen mit der Erkenntnis die Sensibilität für die Thematik Bauchwandverschluss zu erhöhen, um die Rate an Narbenhernien zu reduzieren.
Von 1998 bis 2010 wurden insgesamt 6 Metaanalysen zu diesem Thema veröffentlicht. Die Arbeiten von Weiland et al. sowie Hodgson et al. favorisieren die fortlaufende Naht [3,6]. Rucinski et al. gaben im Folgejahr ebenfalls der fortlaufenden Naht den Vorzug, wobei die Wahl des Nahtmaterials im Fokus der Analyse stand (7). Van’t Riet et al. publizierten 2002 eine Metaanalyse, bei der erstmalig Einzelknopf- vs. fortlaufende Fasziennaht nach medianer Laparotomie verglichen wurden. Ein signifikanter Unterschied in Bezug auf Narbenhernienbildung konnte hierbei nicht objektiviert werden. Die meisten eingeschlossenen Studien favorisierten dennoch die fortlaufende Naht mit dem Argument, dass diese schneller und einfacher zu bewerkstelligen sei (8). Gupta et al. veröffentlichten 2008 ähnliche Ergebnisse, im Gegensatz zu den vorherigen Metaanalysen wurde hier aber erstmals der Einzelknopfnaht der Vorzug gegeben (9). In einer Metaanalyse 2010 zu diesem Thema mit Vergleich fortlaufende vs. Einzelknopfnaht bei elektiver primärer und sekundärer Medianlaparotomie wurde von Diener et al. die fortlaufende Nahttechnik als das bessere Verfahren bewertet (10).
Insgesamt scheint der Trend hinsichtlich der Nahttechnik bei der medianen Laparotomie trotz variabler Ergebnisse und unterschiedlicher Argumentationen zumindest für die elektiven Eingriffe hin zur fortlaufenden Fasziennaht zu gehen.
Insbesondere klinische Studien von Israelsson [15,16] konnten den prophylaktischen Wert der fortlaufenden Naht mit einem Faden-Wundlängen-Verhältnis von mindestens 4:1 für die Vermeidung von Narbenhernien nach Laparotomieverschluss nachweisen. Die Wirkung des propagierten Verhältnisses von mindestens 4:1 und von fortlaufenden Nähten ist durch eine Reduzierung der gewebeschädigenden Zugkräfte in jedem einzelnen Stich und eine große Menge an „Reservematerial“ in der Nahtspirale begründet, die einen inadäquaten Anstieg der Nahtspannung bei Distension des Abdomens verhindert.
Der negative Einfluss einer hohen Nahtspannung auf die Perfusion, die Kollagensynthese und die mechanische Festigkeit der Laparotomiewunde ist experimentell nachgewiesen (17). Peritoneum, Fettwebe und Muskulatur bieten eine nur minimale Haltekraft für das Nahtmaterial und werden unter dem Einfluss der Nahtspannung innerhalb von Stunden nekrotisch,was zur Lockerung des Nahtmaterials beiträgt (18). Mechanisch widerstandsfähig sind alleine und dauerhaft die bradytrophen Fasziengewebe (19).
Small tissue bites
Die Studiengruppe von Israelsson konnte zunächst in experimentellen Studien (19) und dann auch in randomisiert klinischen Studien (20) nachweisen, dass mit einer innovativen „short stitch“-Technik mit Verringerung der Wundrand-Stichabstände von 10 mm auf 5-8 mm durch Reduktion von Gewebetrauma Infektionsraten und die Ausbildung von Narbenhernien verringert werden können.
In dieser Studie konnte ein 2-fach erhöhtes Risiko für Wundinfektion beziehungsweise ein 4-fach erhöhtes Risiko für das Auftreten von Narbenhernien in der „long stitch“- Gruppe nachgewiesen werden.
Nahtmaterial
Zahlreiche Studien und Metaanalysen haben klar die Überlegenheit von langsam resorbierbarem (auch von nichtresorbierbarem) gegenüber schnell resorbierbarem Nahtmaterial im kurzfristigen (postoperativer Platzbauch) und langfristigen (Narbenhernie) postoperativen Verlauf gezeigt [2,10].
Nicht resorbierbare Materialien führen jedoch zu einer um 48 % höheren Rate an Fadenfisteln, sowie zu einer Zunahme der postoperativen Wundschmerzen mit bleibenden mechanischen Irritationen des Gewebes (7). Bei der favorisierten fortlaufenden Fasziennaht sollten hierfür Schlingennähte der Stärke 1 verwendet werden. Bei einem Abstand von jeweils 1 cm zwischen den Stichen sowie 1 cm vom Wundrand zur Faszieneinstichstelle ergibt sich ein Fadenlängenverbrauch von mindestens dem Vierfachen der Inzisionslänge (10).
Zum Hautverschluss stehen eine Vielfalt von Materialien zur Verfügung. Aussagefähige randomisierte Studien finden sich nicht. Hautklammern scheinen jedoch die niedrigste Infektrate bei kontaminierten Wunden zu haben (22).
Wunddrainagen
Über den Stellenwert der Subkutannaht respektive subkutaner Wunddrainagen herrscht derzeit keine einheitliche Meinung. Mehrere Studien belegen eine geringere Inzidenz für subkutane Hämatome, Serome und Wundinfektionen nach Naht des Subkutangewebes. Der Benefit einer Drainageanlage konnte in den bisherigen Studien nicht gesichert werden [10,11].
Peritonealnaht
Die gesonderte Peritonealnaht gilt heute in der Abdominalchirurgie als obsolet. Sie leistet keinen Beitrag zur mechanischen Festigkeit der Bauchdeckeninzision und führt, vermutlich über eine verstärkte peritoneale Nekrosebildung, zu Schmerzen und Adhäsionen im Bereich der Laparotomie [14,21].
Platzbauch
Der Platzbauch ist eine postoperative Komplikation mit hoher Morbidität und Mortalität.
Die Zahlen zur Inzidenz schwanken zwischen 0,5 und 3 % [23,24,25,26]. Prädisponierende Faktoren sind entweder patientenbezogen oder der Operationstechnik bzw. dem Chirurgen geschuldet. Über die ideale Methode oder das ideale Material für den Bauchdeckenverschluss besteht kein Konsensus [27,34,35]. Auf das Platzbauchrisiko bezogen ist der allschichtige dem schichtweisen Verschluss der Bauchdecke überlegen [28,29]. Die Einzelknopftechnik scheint mit einem fehlenden Spannungsausgleich von Stich zu Stich der fortlaufenden Naht unterlegen [27,28,30]. Ein wichtiger ursächlicher Aspekt ist die pathologische Erhöhung des intraabdominellen Druckes als Folge von Ileus, Paralyse, Peritonitis oder Hämatomen (31). Der Platzbauch ist eine Komplikation in der früh postoperativen Phase. Als Ursache für das Nahtversagen wird von den meisten Autoren ein Durchschneiden der Fäden durch den Faszienrand zur Inzision hin angegeben [7,28,32]. Der Platzbauch kann durch definitiven Verschluss der Bauchdecke oder die primäre Anlage eines druckentlastenden Laparastomas mit frühelektivem Bauchdeckenverschluss behandelt werden [35,36].