Zystische Leberläsionen
Zystische Leberläsionen sind eine heterogene Gruppe von Veränderungen, die oft zufällig entdeckt werden. Mit der vermehrten Bildgebung aus anderen Gründen steigt die Zahl der zufällig entdeckten Leberzysten. Frühere Berichte aus Laparotomien beschrieben eine Häufigkeit von 0,2–1 %, während neuere Ultraschall- und CT-Studien Raten von 2,5–18 % angeben [4-7].
Die meisten Zysten sind harmlos, dennoch ist es entscheidend, Zysten mit bösartigem oder infektiösem Potenzial zu unterscheiden, etwa biliäre Zystadenome/-karzinome, Choledochuszysten oder Echinokokkenzysten. Bestimmte Risikokonstellationen im Ultraschall (Septen, Ausziehungen/Fenestrierungen, Verkalkungen, Wandverdickung oder Knoten, unregelmäßiges Binnenmuster, Tochterzysten) erfordern weitere Abklärung [8]. Außerdem können große oder multiple Zysten Beschwerden verursachen und müssen dann behandelt werden.
Einfache Leberzysten
Einfache Leberzysten sind definiert als dünnwandige Strukturen, die von kubischem Gallengangsepithel ausgekleidet und mit Flüssigkeit gefüllt sind (4). Sie entstehen durch eine Fehlentwicklung der Gallengänge, stehen aber mit dem Gallensystem nicht in Verbindung [9-10]. Sie können einzeln oder mehrfach auftreten und finden sich manchmal zusammen mit anderen Raumforderungen.
Meist sind sie asymptomatisch und werden zufällig entdeckt. Sie treten häufiger bei Frauen auf, nehmen mit dem Alter zu [10], haben aber keinen Zusammenhang mit Pille oder Schwangerschaft. Nur sehr große Zysten verursachen für gewöhnlich Beschwerden.
Es besteht keine Indikation für eine Behandlung oder Nachkontrolle einfacher Leberzysten – unabhängig von ihrer Größe –, sofern keine Symptome auftreten oder keine charakteristischen Risikomerkmale vorliegen.
Symptome entstehen nur bei Wachstum, Ruptur oder Druck auf Nachbarorgane → Bauchschmerzen, Völlegefühl, Atemnot, Beinschwellung durch Vena-cava-Kompression.
Spezifische Risikomerkmale im Ultraschall (z. B. Septen, Fenestrierungen, Verkalkungen, Wandverdickung oder -knoten, uneinheitliche Binnenstruktur oder Vorhandensein von Tochterzysten) erfordern eine weiterführende Diagnostik mittels CT oder MRT.
Diagnostik
Der kontrastmittelverstärkte Ultraschall stellt den Goldstandard in der Diagnostik benigner Leberveränderungen dar.
Computertomographie und MRT mit spezifischem Kontrastmittel können die Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik von Leberveränderungen in Zusammenschau mit der Ultraschalluntersuchung nochmals erhöhen.
Mit einer Sensitivitat von >95% und einer Spezifitat von >80% ist der Kontrastmittel (KM)-verstärkte Ultraschall („contrast-enhanced ultrasound“, CEUS) ein sehr gutes Werkzeug zur Detektion und Diskriminierung von Leberläsionen. Kritisch bei der Anwendung des CEUS sind vor allem 3 Dinge. Die KM-verstärkte Ultraschalluntersuchung ist viel stärker als die klassischen Schnittbildverfahren untersucherabhängig.
Im Gegensatz zur Ultraschalluntersuchung und der Computertomographie erlaubt die Magnetresonanztomographie prinzipiell auch ohne Kontrastmittel eine Aussage zu Leberveränderungen. Dennoch ist der Einsatz leberspezifischer Kontrastmittel (die vornehmlich biliär ausgeschieden werden) von hoher diagnostischer Relevanz und bietet wesentliche Zusatzinformationen [3].
Wie bereits beim Kontrastmittelultraschall dient zur bildgebenden Unterscheidung der Leberläsionen das Kontrastmittelverhalten über die Zeit. Daher ist auch in der CT-Diagnostik der Einsatz eines geeigneten Kontrastmittels für diese Fragestellung unerlässlich. In mindestens 3, besser aber4 Kontrastmittelphasen (nativ, arteriell, portalvenös, venös) lassen sich die meisten Leberläsionen mit sehr hoher Sensitivität und Spezifität zuordnen [3].
Einfache hepatische Zysten können schon durch eine konventionelle Ultraschalluntersuchung mit einer Sensitivität und Spezifität von 90% diagnostiziert werden [11].
Einfache Leberzysten sind im Ultraschallbild in der Regel gleichmäßig anechogen (also völlig schwarz, ohne innere Echos), zeigen eine gute Schalldurchlässigkeit (Schallverstärkung hinter der Zyste) und haben glatte, scharf begrenzte Ränder.
In der CT zeigen einfache Zysten keine innere Struktur, sind hypodens mit einer Flüssigkeitsdichte unter 20 Hounsfield-Einheiten und weisen keine Kontrastmittelaufnahme auf.
In der MRT erscheinen einfache Zysten signalarm auf T1-gewichteten Bildern und signalreich auf T2-gewichteten Bildern, ebenfalls ohne Kontrastmittelanreicherung.
Tumormarker wie CA 19-9 können bei bis zu 50 % dieser Patientinnen und Patienten durch Sekretion aus dem biliären Zystenepithel in Zystenflüssigkeit oder Blut erhöht sein. Ein Befund, der nicht zwangsläufig mit einer bösartigen Erkrankung in Zusammenhang steht [11]. CA 19-9 ist nicht geeignet, zwischen einfachen Zysten/PLD (polyzystischer Lebererkrankung) und mucinösen zystischen Neoplasien zu unterscheiden [17,18].
Differentialdiagnosen
Leberzysten mit spezifischen Risikomerkmalen im Ultraschall (z. B. Septen, Fenestrierungen, Verkalkungen, Wandverdickung oder -knoten, uneinheitliche Binnenstruktur oder Vorhandensein von Tochterzysten) erfordern eine weiterführende Diagnostik mittels CT oder MRT.
Abzugrenzen von den „unkomplizierten“ Parenchymzysten sind andere zystischen Formationen:
- Caroli-Syndrom (angeborene segmentale zystische Dilatation der intrahepatischen Gallengänge)
- biliäre Hamartome (Von-Meyenburg-Komplexe)
- kongenitale polyzystische Lebererkrankung (PCLD)
- Posttraumatische oder hämorrhagische Zyste (Binnenechos, Schichtphänomene)
- Infektiöse zystische Läsionen
- Leberabszess (Binnenechos, unregelmäßige Wand)
- Echinococcus-Zysten (Tochterzysten, Wandverkalkungen)
- zystisch imponierenden maligne Tumoren wie z.B.
- Metastasen eines Ovarialkarzinoms
- Zystadenokarzinom der Leber (Septen, Knoten, Kontrastmittelaufnahme) [2]
Therapie
Die Behandlung symptomatischer Leberzysten zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern, indem das Zystenvolumen reduziert wird.
Zur Therapie stehen zwei Verfahren zur Verfügung:
- Perkutane Aspiration mit Sklerosierung (Verödung)
- Laparoskopische Leberzystenentdachung
Bei der Aspiration mit Sklerosierung wird die Flüssigkeit aus der Leberzyste abgesaugt, und anschließend wird die Zysteninnenwand für eine begrenzte Zeit einem sklerosierenden (verödenden) Mittel ausgesetzt.
Bemerkung: Die Aspiration allein ist nicht ausreichend, da fast immer ein Rezidiv auftritt.
Die Sklerosierung führt zunächst häufig zu einer vorübergehenden erneuten Flüssigkeitsansammlung, bewirkt aber anschließend bei den meisten Patientinnen und Patienten eine kontinuierliche Verringerung des Zystenvolumens.
Bei der laparoskopischen Zystenentdachung wird die Leber im Rahmen einer minimalinvasiven Operation dargestellt. Dabei wird die Zyste punktiert und entleert, anschließend wird die außerhalb der Leber gelegene Zystenwand reseziert (abgetragen).
Es gibt keine belastbaren randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) und keine Langzeitdaten, die diese Verfahren miteinander vergleichen, um die beste Behandlungsform festzulegen. Obwohl beide Methoden wirksam sind, weist die chirurgische Behandlung die niedrigste Rückfallrate auf und ermöglicht zudem eine histologische Untersuchung der Zyste [8,13-15].
Die Therapieentscheidung sollte daher darauf abzielen, das am wenigsten invasive Verfahren zu wählen, das zugleich das bestmögliche Behandlungsergebnis erzielt.
Nachkontrollen sind nicht notwendig, solange keine Beschwerden auftreten.
Polyzystische Lebererkrankung (PLD)
Die selten vorkommende kongenitale polyzystische Leberkrankheit ist häufig mit einer polyzystischen Krankheit der Nieren und anderer Organe assoziiert. Sie führt im Erwachsenenalter zu einer fortschreitenden nodulären Hepatomegalie (die manchmal massiv ausgebildet ist). Trotzdem ist die Leberfunktion ausgesprochen gut erhalten und eine portale Hypertension entsteht nur selten.
Ausgewählte Patientinnen und Patienten mit einer massiven Hepatomegalie infolge einer polyzystischen Lebererkrankung (PLD) können von einem operativen Eingriff profitieren.
Eine Leberresektion kann mit einer akzeptablen Morbidität und Mortalität durchgeführt werden und führt meist zu einer schnellen und anhaltenden Besserung der Symptome bei gleichzeitiger Erhaltung der Leberfunktion.
Die Zystenfenestrierung und die Lebertransplantation sind zwar bei ausgewählten Patienten ebenfalls wirksam, jedoch nicht in gleichem Maße allgemein anwendbar [19-21].