Die Leber wird durch das Lig. falciforme und den Ansatz des Lig. teres hepatis auf der diaphragmalen sowie die Fissura sagittalis auf der viszeralen Oberfläche makroskopisch in einen größeren rechten und einen kleineren linken Lappen unterteilt. Dies entspricht jedoch nicht dem funktionellen Aufbau der Leber (1). Der funktionelle Aufbau beruht auf der portalen Aufzweigung in einzelne, voneinander unabhängige Untereinheiten, den Lebersegmenten (1). Nach Couinaud werden acht Lebersegmente unterschieden. Diese sind im Uhrzeigersinn durchnummeriert und beginnen mit dem Lobus caudatus als Segment I (2).
Die Leber macht insgesamt 20 – 30 % des Herzminutenvolumens aus. Dabei wird das Blut über arterielle (10 – 20 % der Blutversorgung) und portalvenöse Gefäße (80 – 90 % der Blutversorgung) in einem dreidimensionalen Geflecht in die Leber transportiert (3). Aus der Leber wird das Blut über die Lebervenen abgeleitet. Andere aus der Leber abführende Gefäße sind die Gallengänge (3). Aufgrund eines höheren Gehalts an Kollagen und Elastin unterscheiden sich diese Gangsysteme in ihrer Struktur und Widerstandsfähigkeit entscheidend vom Parenchym der Leber (4). Die Gallengänge sind dabei die widerstandsfähigsten Strukturen. Diese Eigenschaften können bei der Leberresektion genutzt werden. Dissektionsverfahren, die diese unterschiedliche Gewebezusammensetzung nutzen werden als selektiv bezeichnet. Dazu zählen vor allem die stumpfe Dissektion, der Ultraschallaspirator (CUSA®) und der Wasserstrahldissektor (Water-Jet) (3, 4, 5).
Dem gegenüber werden nicht-selektive Resektionsverfahren unterschieden. Bei diesen wird nicht zwischen Leberparenchym und Gangstrukturen unterschieden. Beispiele sind mechanische Instrumente wie das Skalpell, die Schere und mit Einschränkung das Klammernahtgerät sowie thermische Instrumente wie der Hochfrequenzkoagulator, der Laser oder die Schere des UltraCision®, die sowohl thermisch als auch mechanisch arbeiten (3).
Entscheidende Parameter für das postoperative Ergebnis und das Überleben des Patienten sind die Höhe des intraoperativen Blutverlustes und des Transfusionsbedarfes. Daraus resultiert die Forderung, dass möglichst parenchymsparende und blutungsarme Operationsmethoden bei der modernen Leberchirurgie durchgeführt werden sollten (4, 6, 7). Durch kontinuierliche Verbesserung der Dissektionstechniken liegt die Leberresektions- assoziierte Mortalität aktuell bei 2 – 4 % (4).
Im Folgenden wird nun auf ausgewählte selektive Dissektionsmöglichkeiten eingegangen. Die Technik der Parenchymdissektion ist stark von den Gewohnheiten und der Schule des Operateurs abhängig.
Stumpfe Dissektion
Lin et al. beschrieben im Jahre 1958 erstmals die Technik der Fingerfragmentation (8). Dabei wird das Parenchym der Leber zwischen den Fingern zerquetscht. Dieses ermöglicht größere Gefäße zu isolieren und anschließend zu ligieren. Diese Technik ist sehr archaisch und für eine moderne, blut- und parenchymsparende, segmentorientierte Leberchirurgie ungeeignet (3, 8). Diese Urform der Dissektion wird noch in wenigen Lehrbüchern erwähnt, ist im klinischen Alltag jedoch heute obsolet (8).
Die stumpfe Dissektion mit einem Klemmchen ist eine Weiterentwicklung. Dabei wird das Lebergewebe zwischen Klemmen zerdrückt und mechanisch die widerstandfähigeren Blutgefäße und Gallengänge aus dem Parenchym isoliert. Die Klemmchentechnik wird immer noch angewandt, jedoch ist der Blutverlust und die Dissektionszeit dabei unbefriedigend (3, 5). Prinzipiell sind jedoch alle Varianten der Leberresektion mit der Klemmchendissektion möglich (5).
Eine Modifikation dieser Klemmchentechnik ist die stumpfe Scherendissektion. Das Parenchym der Leber wird dabei mit der geschlossenen Schere vorsichtig auseinander geschoben und die Gangstrukturen dadurch isoliert. Die kleineren Gangstrukturen werden nachfolgend mit Metallclips verschlossen, die größeren Gefäße werden umstochen oder ligiert (9). Die stumpfe Scherendissektion ist eine häufig angewandte Methode, die schnell und kostengünstig durchgeführt werden kann. Lesurtel et al. zeigten in einer randomisierten Studie, dass die stumpfe Dissektion bei einer standardisierten Operation (Hemihepatektomie) einerseits am kostengünstigsten und am schnellsten durchzuführen war, andererseits auch den geringsten intraoperativen Verbrauch an Blutprodukten und den niedrigsten intraoperativen Gesamtblutverlust aufwies (10). In zahlreichen Zentren ist diese Art der Dissektion in nicht zirrhotischen, nicht cholestatischen Lebern nach wie vor das Standardverfahren (4, 5, 10).
Ultraschallaspirator (CUSA®)
Das Prinzip ist die Umwandlung elektrischer Energie durch Ultraschall in mechanische Energie (3). Die Funktion des CUSA® – Cavitron Ultrasonic Surgical Aspirator – beruht auf der Kombination von Ultraschall-Fragmentation mit Aspiration und Irrigation. Dabei wird durch die vom Ultraschall erzeugte Energie eine Fragmentation des Lebergewebes aufgrund des im Gewebe gelösten Wasseranteils ausgelöst (3). Wegen der unterschiedlichen Gewebezusammensetzung wird eine selektive Fragmentation der verschiedenen Strukturen des Lebergewebes ermöglicht. Gewebe mit hohem Wasseranteil (Parenchym) wird schneller fragmentiert als Gewebe mit höherem Gewebeanteil (Gefäße, Gallengänge) (3). Durch die Irrigation wird das Gerät gekühlt, das fragmentierte Gewebe in Suspension gebracht und dadurch eine kombinierte Aspirationsfunktion erreicht (3, 4, 11). Das Aspirat kann neben dem resezierten Gewebe nachfolgend einer histopathologischen Untersuchung zugeführt werden (3). Ein weiterer Vorteil der simultanen Aspiration ist die reduzierte Gefahr einer intraoperativen Tumorzelldissemination während der Tumorresektion (3, 12, 13). In Studien konnte bei Leberresektionen mit dem Ultraschallaspirator eine signifikante Senkung des intraoperativen Blutverlustes, des Transfusionsbedarfes, der Operationszeit, Mortalität und Morbidität sowie der Länge des Krankenhausaufenthaltes gezeigt werden (14, 15). Um dies zu erreichen ist jedoch eine relativ lange Ischämie-Zeit (Pringle-Zeit) intraoperativ nötig (15).
Water-Jet
Der Water-Jet-Dissektor nutz einen Hochdruckwasserstrahl zur Zellfragmentation (3). Der Hochdruckflüssigkeitsstrahl arbeitet bei Drücken von 20 – 50 bar und Düsendurchmessern von 0,1 – 0,2 mm (3). Damit kann das Leberparenchym von vaskulären und biliären Gangstrukturen entsprechend ihres Härtegradienten abgespült werden. Die Leberdissektion mit dem Water-Jet kann auch laparoskopisch durchgeführt werden (3). Entgegen der Ergebnisse von Lesurtel et al. (10) zeigten Loss et al. und Rau et al., dass Verglichen mit der Leberresektion durch stumpfe Dissektion oder unter Verwendung des CUSA® bei Leberresektion mit dem Water-Jet, der intraoperative Blutverlust, die Leberresektionszeit und die Ischämie-Zeit der Leber signifikant gesenkt werden kann (16, 17, 18).
In Studien konnte die zusätzliche Applikation von Hochfrequenzstrom oder Laserenergie die Dissektionsgeschwindigkeit bei weiterhin erhaltener Selektivität wesentlich erhöhen. Größere Gefäße werden dadurch erhalten, kleinere (Durchmesser bis 1mm) werden koaguliert (3). Um eine Tumorzelldissemination zu vermeiden bzw. das Risiko zu senken, kann die Jet-Lösung mit zytotoxischen Pharmaka versetzt werden (3).
Die Leberdissektion mit dem Water-Jet ist aufgrund der oben genannten Vorteile sowohl bei offenen, als auch laparoskopischen Leberresektionen in unserem Zentrum das Standardverfahren.
Aufgrund der kontinuierliche Verbesserung der Dissektionstechniken ist eine chirurgische Resektion von Lebergewebe vor allem in entsprechenden Zentren eine sichere und standardisierte Operation (4, 17). Aktuell ist bei ausgedehnten onkologischen Leberresektionen das offen chirurgische Vorgehen Methode der Wahl (17). Die Entwicklung geeigneter Instrumente für eine effiziente und sichere Leberchirurgie hat jedoch zu einem entscheidenden Fortschritt der laparoskopischen Leberchirurgie geführt (5).
In der aktuellen Literatur zeigen sich sowohl bei laparoskopischen als auch bei offenen Leberresektionen geringe postoperative Komplikationsraten (17, 19, 20, 21). Bei entsprechender Selektion (benigne Leberläsionen, kleinere, peripher gelegene Karzinome) sollte primär eine laparoskopische Leberresektion erfolgen, da dabei eine kürzere Hospitalisierung und geringere Minor-Komplikationsrate, bei identischer Major-Komplikationsrate, zu verzeichnen ist (16, 17, 19, 20). Zu diesen Ergebnissen ist kritisch anzumerken, dass erweiterte Leberresektionen aktuell noch häufiger in offener Technik durchgeführt werden und für diese Eingriffe sowohl eine höhere Morbidität als auch eine längere Hospitalisierung zu erwarten sind. In der Literatur fehlen größere, prospektive, randomisierte Studien zur onkologischen Wertigkeit von ausgedehnten Leberresektionen in laparoskopischer und offener Technik. Auch sollte in diesen Studien ein Vergleich bezüglich Mortalität, Morbidität und Hospitalisierung erfolgen. In kleineren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass auch Hemihepatektomien sicher laparoskopisch durchgeführt werden können (17, 20, 22). Aktuell wird die Durchführung ausgedehnter laparoskopischer und laparoskopisch-assistierter Leberresektionen in der Literatur noch kritisch diskutiert (17, 19, 20, 22).
Bei laparoskopischen Leberresektionen zeigen sich vor allem bei ausgedehnten, zentralen Befunden Nachteile in der exakten dreidimensionalen Orientierung des Operateurs, etwa bei der Präparation an den großen Gefäßen. Blutungskomplikationen sind der häufigste Grund für eine Konversion zur offenen Leberresektion (19, 20, 22, 23). Andere Nachteile laparoskopischer Eingriffe sind der oft höhere Zeitaufwand, die höheren Kosten und die größere Abhängigkeit vom jeweiligen Operateur (16). Dennoch werden laparoskopische Leberresektionen durch erfahrene Chirurgen zukünftig immer mehr zum Goldstandard in der Leberchirurgie werden (19, 20, 22, 23).