Evidenz - Leberresektion, linkslateral, laparoskopisch

  1. Zusammenfassung der Literatur

    Die Leber wird durch das Lig. falciforme und den Ansatz des Lig. teres hepatis auf der diaphragmalen sowie die Fissura sagitalis auf der viszeralen Oberfläche makroskopisch in einen größeren rechten und einen kleineren linken Lappen unterteilt. Dies entspricht jedoch nicht dem funktionellen Aufbau der Leber (1). Der funktionelle Aufbau beruht auf der portalen Aufzweigung in einzelne, voneinander unabhängige Untereinheiten, den Lebersegmenten. Nach Couinaud werden acht Lebersegmente unterschieden. Diese sind im Uhrzeigersinn durchnummeriert und beginnen mit dem Lobus caudatus als Segment I (2).
    Die Leber macht insgesamt 20 – 30% des Herzminutenvolumens aus. Dabei wird das Blut über arterielle (10 – 20% der Blutversorgung) und portalvenöse Gefäße (80 – 90% der Blutversorgung) in einem dreidimensionalen Geflecht in die Leber transportiert. Aus der Leber wird das Blut über die Lebervenen abgeleitet (1). Andere aus der Leber abführende Gefäße sind die Gallengänge (3).

    Gagner et al. beschrieben im Jahr 1992 erstmals die laparoskopische Leberresektion (4) bei 16 Patienten mit isolierten benignen und malignen Tumoren der Leber, wie etwa symptomatischen Hämangiomen, fokal nodulären Hyperplasien, Leberzelladenomen oder auch kolorektalen Lebermetastasen, hepatozellulären Karzinomen. Seither wurden weit über 3000 Fälle einer laparoskopischen Leberresektion publiziert (5).
    Zu Beginn wurden vor allem periphere Resektionen bzw. sogenannte Wedge- oder atypische Leberresektionen durchgeführt. Durch kontinuierliche Weiterentwicklung von chirurgischen Techniken und Instrumentarien können mittlerweile auch größere Resektionen, wie etwa rechts- und linksseitige Hemihepatektomien sowie erweiterte Hemihepatektomien in laparoskopische Technik durchgeführt werden (6). Yoon et al. könnten im Jahre 2009 erstmals auch die Durchführbarkeit einer laparoskopischen, zentralen Leberresektion zeigen (7).

    Durch die stetige Weiterentwicklung einerseits operativer Techniken, andererseits chirurgischer Instrumentarien ist die laparoskopische Leberchirurgie in den letzten Jahren stetig sicherer geworden. Blutungen können effektiver und schneller gestillt werden (8). Dadurch benötigen aktuell nur etwa 20% der Patienten bei ausdehnten, laparoskopischen Leberresektionen intra- oder postoperative Bluttransfusionen (9). Auch können mittlerweile Techniken der offenen Leberchirurgie bei laparoskopischen Eingriffen angewandt werden. Dazu sind einerseits diagnostische intraoperative Hilfsmittel, wie der Ultraschall zur exakten Lokalisierung und Resektionsplanung tief sitzender oder nicht sichtbarer Läsionen (10), zu nennen andererseits auch Resektionsverfahren wie etwa die laparoskopische Leberresektion mit Hilfe des Water Jets oder des Ultracision (3).

    Die laparoskopische Resektion von Segment 1 (Lobus caudatus) ist aufgrund der direkten Nachbarschaft zur V. cava inferior und der tiefen Lokalisation als anspruchsvoll anzusehen (11). Die laparoskopische Resektion der Segemente 2 und 3 gilt mittlerweile als Routineverfahren (12). Bei Resektion dieser Segmente findet man eine vergleichsweise übersichtliche anatomische Situation vor, die man sich zunutze machen kann (9). Bei laparoskopischer Resektion des Segments 4 muss man unterscheiden. So ist das ventral gelegene Segment 4 b problemlos, das dorsale, tief sitzende Segment 4a jedoch nur sehr problematisch minimalinvasiv zu entfernen (13). Die Segmente 5 und 6 sind wegen ihrer anterioren Lage relativ problemlos laparoskopisch operabel (14-16). Die Segmente 7 und 8 hingegen sind aufgrund ihrer anatomischen Lage nur sehr problematisch laparoskopisch resezierbar. Eine laparoskopische Resektion dieser Segmente ist als ähnlich anspruchsvoll wie eine Hemihepatektomie rechts anzusehen. Bei tief sitzenden Tumoren im Segment 7 wird eine Resektion des rechten hinteren Abschnittes der Hemihepatektomie vorgezogen. Im Gegensatz dazu wird in der Literatur bei Tumoren im Segment 8 eine Hemihepatektomie rechts empfohlen (12, 17).

    Häufigste Ursache für eine Konversion zu einem offen chirurgischen Vorgehen sind vor allem unkontrollierbare Blutungen (13) oder auch technisch-bedingte Probleme (13). Aktuell liegt die Konversionsrate in der Literatur bei 3,4% (13).

    Vorteile der laparoskopischen Leberesektion:

    • Reduktion des Zugangstraumas (18)
    • signifikante Senkung des intraoperativen Blutverlustes bei identischer Operationszeit und identischem Bluttransfusionsbedarf (19, 20)
    • niedrigere Morbidität (19, 21) – aktuell 5-15% (8, 13)
    • signifikant reduzierte postoperative Schmerzintensität und –dauer (5, 22, 23)
    • bessere Frühmobilisation mit konsekutiv verbesserter Lungen- und Darmfunktion (24-26)
    • Minimierung operativer abdomineller Adhäsionen (14, 16)
    • signifikante Reduktion der Immunsuppression (27-29)
    • Verkürzung der Hospitalisierung (16, 22, 30)
    • schnellere Rekonvaleszenz und frühere Arbeitsfähigkeit (13)
    • niedrigeres postoperatives Hernienrisiko (21, 31)

    Nachteile der laparoskopischen Leberesektion:

    • relativ neue Operationsmethode (17, 32)
    • schlechte Datenlage über Effizienz speziell bei ausgedehnten Operationen (17, 32)
    • hoher technische Anforderungen an Chirurg und Equipment (33)
    • höhere Kosten (18, 34, 35)
    • längere Lernkurve und v.a. anfangs deutlich längere Operationszeit (13)
    • Kompetenzzentren vorbehalten – keine Chirurgie für jedermann (9, 33)

    Fazit
    Aktuell ist vor allem bei ausgedehnten onkologischen Leberresektionen das offen chirurgische Vorgehen Methode der Wahl (36). Die Entwicklung geeigneter Instrumente für eine effiziente und sichere Leberchirurgie hat jedoch zu einem entscheidenden Fortschritt der laparoskopischen Leberchirurgie geführt (37). In der aktuellen Literatur zeigen sich sowohl bei laparoskopischen als auch bei offenen Leberresektionen geringe postoperative Komplikationsraten (36, 38-40). Bei entsprechender Selektion (benigne Leberläsionen, kleinere peripher gelegne Karzinome) sollte primär eine laparoskopische Leberresektion erfolgen, da dabei eine kürzere Hospitalisierung und geringere minor Komplikationsrate, bei identischer major Komplikationsrate, zu verzeichnen ist (36, 38, 39, 41). Zu diesen Ergebnissen ist kritisch anzumerken, dass erweiterte Leberresektionen aktuell noch häufiger in offener Technik durchgeführt werden und für diese Eingriffe sowohl eine höhere Morbidität als auch eine längere Hospitalisierung zu erwarten sind. In der Literatur fehlen größere, prospektive, randomisierte Studien zur onkologischen Wertigkeit, von ausgedehnten Leberresektionen in laparoskopischer und offener Technik. Auch sollte in diesen Studien ein Vergleich bezüglich Mortalität, Morbidität und Hospitalisierung erfolgen. In kleineren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass auch Hemihepatektomien sicher laparoskopisch durchgeführt werden können (36, 39, 42). Aktuell wird die Durchführung ausgedehnter laparoskopischer und laparoskopisch-assistierter Leberresektionen in der Literatur noch kritisch diskutiert (38, 39, 42). Bei laparoskopischen Leberresektionen zeigen sich vor allem bei ausgedehnten, zentralen Befunden Nachteile in der exakten dreidimensionalen Orientierung des Operateurs, etwa bei der Präparation an den großen Gefäßen. Blutungskomplikationen sind der häufigste Grund für eine Konversion zur offenen Leberresektion (39, 42, 43). Andere Nachteile laparoskopischer Eingriffe sind der oft höhere Zeitaufwand, die höheren Kosten und die größere Abhängigkeit vom jeweiligen Operateur (41). Dennoch werden laparoskopische Leberresektionen durch erfahrene Chirurgen zukünftig immer mehr zum Goldstandard in der Leberchirurgie werden (38, 39, 42, 43).

  2. Aktuell laufende Studien zu diesem Thema

  3. Literatur zu diesem Thema

    1. Lang, H., [Liver resection: Part I. Anatomy and operative planning]. Chirurg, 2007. 78(8): p. 761-73; quiz 774.

    2. Couinaud, C. and C. Peres, [Is resection of the last small intestinal loop a hazardous intervention? Is it necessary to set aside the benefit of right hemicolectomy? Reflections on 5 cases]. J Chir (Paris), 1957. 73(5): p. 461-9.

    3. Rau, H.G., et al., [Dissection techniques in liver surgery]. Chirurg, 2001. 72(2): p. 105-12.

    4. Gagner, M., M. Rheault, and J. Dubuc, “Laparoscopic partial hepatectomy for liver tumor”. Surg Endosc, 1992. vol. 6(no. 99): p. 6:99.

    5. Nguyen, K.T., et al., Minimally invasive liver resection for metastatic colorectal cancer: a multi-institutional, international report of safety, feasibility, and early outcomes. Ann Surg, 2009. 250(5): p. 842-8.

    6. Gumbs, A.A., B. Bar-Zakai, and B. Gayet, Totally laparoscopic extended left hepatectomy. J Gastrointest Surg, 2008. 12(7): p. 1152.

    7. Yoon, Y.S., et al., Totally laparoscopic central bisectionectomy for hepatocellular carcinoma. J Laparoendosc Adv Surg Tech A, 2009. 19(5): p. 653-6.

    8. Dagher, I., et al., Laparoscopic liver resection: results for 70 patients. Surg Endosc, 2007. 21(4): p. 619-24.

    9. Vigano, L., et al., Laparoscopic liver resection: a systematic review. J Hepatobiliary Pancreat Surg, 2009. 16(4): p. 410-21.

    10. John, T.G., et al., Superior staging of liver tumors with laparoscopy and laparoscopic ultrasound. Ann Surg, 1994. 220(6): p. 711-9.

    11. Dulucq, J.L., et al., Isolated laparoscopic resection of the hepatic caudate lobe: surgical technique and a report of 2 cases. Surg Laparosc Endosc Percutan Tech, 2006. 16(1): p. 32-5.

    12. Han, H.S., J.Y. Cho, and Y.S. Yoon, Techniques for performing laparoscopic liver resection in various hepatic locations. J Hepatobiliary Pancreat Surg, 2009. 16(4): p. 427-32.

    13. Schon, M.R., [Value of laparoscopic liver resection]. Chirurg. 81(6): p. 516-25.

    14. Buell, J.F., et al., Experience with more than 500 minimally invasive hepatic procedures. Ann Surg, 2008. 248(3): p. 475-86.

    15. Cho, J.Y., et al., Feasibility of laparoscopic liver resection for tumors located in the posterosuperior segments of the liver, with a special reference to overcoming current limitations on tumor location. Surgery, 2008. 144(1): p. 32-8.

    16. Koffron, A.J., et al., Evaluation of 300 minimally invasive liver resections at a single institution: less is more. Ann Surg, 2007. 246(3): p. 385-92; discussion 392-4.

    17. Vibert, E., et al., Laparoscopic liver resection. Br J Surg, 2006. 93(1): p. 67-72.

    18. Hildebrand, P., et al., [What is the value of minimizing access trauma for patients?]. Chirurg, 2007. 78(6): p. 494, 496-500.

    19. Laurent, A., et al., Laparoscopic liver resection for subcapsular hepatocellular carcinoma complicating chronic liver disease. Arch Surg, 2003. 138(7): p. 763-9; discussion 769.

    20. Topal, B., R. Aerts, and F. Penninckx, Laparoscopic intrahepatic Glissonian approach for right hepatectomy is safe, simple, and reproducible. Surg Endosc, 2007. 21(11): p. 2111.

    21. Polignano, F.M., et al., Laparoscopic versus open liver segmentectomy: prospective, case-matched, intention-to-treat analysis of clinical outcomes and cost effectiveness. Surg Endosc, 2008. 22(12): p. 2564-70.

    22. Farges, O., et al., Prospective assessment of the safety and benefit of laparoscopic liver resections. J Hepatobiliary Pancreat Surg, 2002. 9(2): p. 242-8.

    23. Veldkamp, R., et al., Laparoscopic surgery versus open surgery for colon cancer: short-term outcomes of a randomised trial. Lancet Oncol, 2005. 6(7): p. 477-84.

    24. Coskun, I., et al., Laparoscopic versus open cholecystectomy: effect on pulmonary function tests. Hepatogastroenterology, 2000. 47(32): p. 341-2.

    25. Hasukic, S., et al., Pulmonary function after laparoscopic and open cholecystectomy. Surg Endosc, 2002. 16(1): p. 163-5.

    26. Reza, M.M., et al., Systematic review of laparoscopic versus open surgery for colorectal cancer. Br J Surg, 2006. 93(8): p. 921-8.

    27. Vittimberga, F.J., Jr., et al., Laparoscopic surgery and the systemic immune response. Ann Surg, 1998. 227(3): p. 326-34.

    28. Braga, M., et al., Preoperative oral arginine and n-3 fatty acid supplementation improves the immunometabolic host response and outcome after colorectal resection for cancer. Surgery, 2002. 132(5): p. 805-14.

    29. Burpee, S.E., et al., The metabolic and immune response to laparoscopic versus open liver resection. Surg Endosc, 2002. 16(6): p. 899-904.

    30. Mala, T., et al., A comparative study of the short-term outcome following open and laparoscopic liver resection of colorectal metastases. Surg Endosc, 2002. 16(7): p. 1059-63.

    31. Rudow, D.L., et al., One-year morbidity after donor right hepatectomy. Liver Transpl, 2004. 10(11): p. 1428-31.

    32. Vigano, L., et al., The learning curve in laparoscopic liver resection: improved feasibility and reproducibility. Ann Surg, 2009. 250(5): p. 772-82.

    33. Machado, M.A., et al., Intrahepatic Glissonian approach for laparoscopic right segmental liver resections. Am J Surg, 2008. 196(4): p. e38-42.

    34. Braga, M., et al., Laparoscopic resection in rectal cancer patients: outcome and cost-benefit analysis. Dis Colon Rectum, 2007. 50(4): p. 464-71.

    35. Janson, M., et al., Randomized clinical trial of the costs of open and laparoscopic surgery for colonic cancer. Br J Surg, 2004. 91(4): p. 409-17.

    36. Rau, H.G., et al., Laparoscopic liver resection compared with conventional partial hepatectomy—a prospective analysis. Hepatogastroenterology, 1998. 45(24): p. 2333-8.

    37. Lang, H., [Liver resection: prt II. Operative procedure]. Chirurg, 2007. 78(9): p. 849-63; quiz 864-5.

    38. Descottes, B., et al., Laparoscopic liver resection of benign liver tumors. Surg Endosc, 2003. 17(1): p. 23-30.

    39. Stoot, J.H., et al., The introduction of a laparoscopic liver surgery programme: a cost analysis of initial experience in a university hospital. Scand J Surg. 101(1): p. 32-7.

    40. Tsao, J.I., et al., Trends in morbidity and mortality of hepatic resection for malignancy. A matched comparative analysis. Ann Surg, 1994. 220(2): p. 199-205.
    41. Loss, M., et al., [Surgical therapy of benign liver tumors]. Chirurg, 2008. 79(8): p. 722-8.

    42. Abu Hilal, M., et al., Pure laparoscopic en bloc left hemihepatectomy and caudate lobe resection in patients with intrahepatic cholangiocarcinoma. J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 21(9): p. 845-9.

    43. Cho, J.Y., et al., Outcomes of laparoscopic liver resection for lesions located in the right side of the liver. Arch Surg, 2009. 144(1): p. 25-9.

Reviews

1: Buell JF, Cherqui D, Geller DA, O’Rourke N, Iannitti D, Dagher I, Koffron AJ, Thomas M, Gayet B,

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