Indikationen
- therapierefraktäre Refluxkrankheit
Bemerkung: Eine Antirefluxoperation sollte nur dann durchgefuhrt werden, wenn ein langfristiger Therapiebedarf besteht (>1Jahr)
- komplizierter GERD, z.B. LA-Grad C/D, peptische Striktur
- medikamentös nicht komplett behandelbare Erkrankung
Bemerkung: Ein initiales Ansprechen auf PPIs mit einer zunehmenden Resistenz spricht für den Erfolg der Operation
- Wunsch des Patienten, nicht lebenslang Protonenpumpeninhibitoren nehmen zu wollen
- Begleitende Hiatushernie Typ II bis IV
Bemerkung: Bei Hiatushernien Typ II bis IV ist schon die Hiatushernie für sich genommen eine OP-Indikation.
Spezielle Kontraindikationen
Ösophagusmotilitätsstörungen, insbesondere die Achalasie, da die Anlage einer Fundoplikatio bei unerkannter Achalasie zu einer Katastrophe für den Patienten/die Patientin führen würde. Daher wird in der aktuellen Leitlinie zur Refluxchirurgie auch eine präoperative Manometrie gefordert (1). Auch Patienten, die eine Mitbeteiligung des Ösophagus im Rahmen einer Autoimmunerkrankung aufweisen (z. B. CREST-Syndrom bei Sklerodermie) sollten keiner Antirefluxchirurgie zugeführt werden.
Technik
Minimalinvasiv vs. offen
Die Überlegenheit der laparoskopischen Fundoplikatio gegenüber der offenen Fundoplikatio ist klar in der Literatur belegt. Auch die Leitlinie fordert explizit, dass die laparoskopische Technik als Standard verwendet werden soll (1).
Art der Manschette
Es wird seit Langem kontrovers diskutiert, ob die partielle posteriore Fundoplikation nach Toupet der totalen Fundoplikatio nach Nissen in der Behandlung des GERD überlegen ist. Diverse Studien, einschließlich solcher mit prospektiv randomisiertem Design (RCTs), haben versucht, die Kontroverse „Toupet vs. Nissen“ zu klären. Durch Metanalyse der verfügbaren Daten dieser RCTs (3 – 9) haben Broeders et al. von der Universitätsklinik Utrecht/Niederlande in 2010 einen neuen Evidenzlevel geschaffen (2).
Die eingeschlossenen RTCs wurden zwischen 1997 und 2010 publiziert und umfassten 404 Patienten, die einen laparoskopischen Nissen erhalten hatten sowie 388 Patienten, die mit einer laparoskopischen Toupet-Manschette versorgt worden waren. Der laparoskopische Nissen war im Vergleich zum laparoskopischen Toupet mit einem signifikant höheren Anteil an postoperativer Dysphagie assoziiert. Entsprechend war auch die Rate postoperativer Dilatationsbehandlungen wegen Dysphagie signifikant höher nach dem laparoskopischen Nissen im Vergleich zum laparoskopischen Toupet.
Auch operative Reinterventionen waren nach dem laparoskopischen Nissen häufiger erforderlich als nach der Toupet-Technik. Ebenso war der laparoskopische Nissen häufiger mit der Unfähigkeit des Aufstoßens und dem sog. „gas bloating“ assoziiert.
Hinsichtlich des Wiederauftretens einer pathologischen Säureexposition und einer Refluxösophagitis ergaben sich bei beiden Techniken keine Unterschiede. Auch Operationszeit und Dauer des Krankenhausaufenthalts waren in beiden Patientengruppen gleich.
Broeders et al. schlussfolgern, dass durch ihre Metanalyse randomisiert kontrollierter Studien zur Frage „Toupet vs. Nissen“ nun Evidenzlevel-1a-Daten vorliegen, die den laparoskopischen Toupet als Verfahren der Wahl zur Behandlung der gastroösophagealen Refluxkrankheit nahelegen.
Möglicher Kritikpunkt der niederländischen Metanalyse ist der relativ kurze Nachbeobachtungszeitraum: 4 Studien (3, 4, 5, 7) beziehen sich auf 12 Monate, 2 Studien (6, 10) auf 24 bzw. 27 Monate und nur eine Studie auf ein 60-monatiges Follow-up. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei den an den RTCs beteiligten Institutionen überwiegend um Expertenzentren handelte (11).
Eine Stärke der Metanalyse von Broeders et al. ist, dass sich die Arbeit im Gegensatz zu früheren Metanalysen ausschließlich auf den Vergleich der posterioren laparoskopischen Nissen- vs. laparoskopischen Toupet-Manschetten fokussiert hat und die mittlerweile als unterlegen angesehene anteriore Fundoplikatio nicht berücksichtigt.
Zusammenfassend spricht also die verfügbare Datenlage für eine Überlegenheit der Toupet-Fundoplicatio mit 270° gegenüber der Nissen-Fundoplikatio. Es zeigt sich eine geringere postoperative Dysphagierate als bei der 360° Fundoplikatio bei ähnlicher Reduktion der Refluxsymptomatik (12).
Netzaugmentation
Die Frage, ob und in welchem Fall eine Netzaugmentation der Hiatoplastik vorgenommen werden sollte, ist Gegenstand der aktuellen Diskussion. Laut der deutschen S2k-Leitlinine sollte eine Verstärkung des Hiatus mit Fremdmaterial nicht routinemäßig durchgeführt werden (1). Die gegenwärtige Datenlage bezüglich der Mesh-Verstärkung des Hiatus erlaubt keine klare Empfehlung. Die meisten Studien bezüglich des prothetischen Hiatusverschlusses inkludieren Patienten mit großen Hiatushernien (radiologisch > 5 cm2) oder paraösophagealen Hernien. Patienten mit symptomatischer Refluxkrankheit ohne Hiatushernie sind hier eher nicht eingeschlossen (13-19)
Einerseits sind Vorteile der Netzverstärkung bezüglich der Hiatushernienrezidivrate nachgewiesen worden, andererseits ist das Risiko für eine schwere Komplikation wie beispielweise Netzmigrationen in den Ösophagus mit nachfolgendem Zwang zur Resektion (z.B. Op nach Merendino) nicht zu vernachlässigen (20-25).
Es sollte daher im Einzelfall aufgrund des niedrigen Evidenzlevels der aktuell vorliegenden Daten die Indikation zur Netzverstaärkung der Hiatoplastik kritisch geprüft werden. In Bezug auf die postoperativen Rezidivraten zeigen die verfügbaren Studien teilweise Vorteile der prothetischen Hiatoplastik, jedoch besteht eine große Variabilität bzgl der Netzform, der Fixierung, des Netzmaterials sowie der Netzpositionierung. Die Indikation zur Netzimplantation sollte wenn überhaupt anhand der Größe der Hernie gestellt werden und in Studien überprüft werden.
Rajkomar et al. haben ganz aktuell (04/2023) eine Metaanalyse in Hernia publiziert (26). Diese hatten den Vergleich der unterschiedlichen Ergebnisse bei der laparoskopischen Reparatur großer Hiatushernien (LHH) unter Verwendung von nahtbasierten und netzbasierten Reparaturtechniken zum Ziel. Es wurde eine systematische Suche nach Artikeln in PubMed, Medline und Embase unter Verwendung der PRISMA-Richtlinien durchgeführt. Studien zum Vergleich von Rezidiven und Reoperationen bei Patienten mit großer Hiatushernie-Reparatur (> 30 % Magen in der Brust, > 5 cm Hiatusdefekt, Hiatusoberfläche > 10 cm2), die ein Netz bzw. kein Netz hatten, wurden quantitativ ausgewertet. Der Einfluss von Netzen auf intraoperative/postoperative chirurgische Komplikationen wurde qualitativ bewertet.
Die gepoolten Daten umfassten sechs randomisierte kontrollierte Studien und dreizehn Beobachtungsstudien mit insgesamt 1670 Patienten (824 ohne Netz, 846 mit Netz). Es gab eine signifikante Reduktion der Gesamtrezidivrate mit Netz (OR 0,44, 95 %-KI 0,25–0,80, p = 0,007). Die Verwendung von Netzen führte nicht zu einer signifikanten Verringerung der Rezidive > 2 cm (OR 0,94, 95 %-KI 0,52–1,67, p = 0,83) oder der Reoperationsraten (OR 0,64, 95 %-KI 0,39–1,07, p = 0,09). Keines der untersuchten spezifischen Netze erwies sich als überlegen bei der Reduzierung der Rezidiv- oder Reoperationsraten. Es wurden Fälle von Netzerosionen, die nur mit synthetischen Netzen in Zusammenhang standen.
Die Netzverstärkung scheint vor einem vollständigen Wiederauftreten der Hiatushernie zu schützen, obwohl dies angesichts der großen Heterogenität, die durch die Einbeziehung von Beobachtungsstudien in die Analyse gebracht wurde, mit Vorsicht interpretiert werden muss. Es gab keine signifikante Verringerung der großen Rezidive (> 2 cm) oder der Reoperationsrate. Wenn das synthetische Netz verwendet werden soll, müssen die Patienten über die Gefahr einer Netzerosion aufgeklärt werden.
Robotic in der Antirefluxchirurgie
Die Roboterchirurgie war eine Revolution in der minimalinvasiven Chirurgie mit mehreren Vorteilen gegenüber dem laparoskopischen Ansatz: dreidimensionale Visualisierung, sieben Freiheitsgrade bei der Beweglichkeit der Instrumente, Tremorfilter und eine bessere Visualisierung.
In der Anti-Reflux-Chirurgie findet der robotergestützte Ansatz Verbreitung und stellt eine veritable Alternative zum rein laparoskopischen Ansatz dar mit den Möglichkeiten die Einschränkungen des laparoskopischen Operierens mit nicht-artikulierbaren Instrumenten zu überwinden. Es zeigen sich in den ersten Publikationen zunächst vergleichbare postoperative Ergebnisse (Non-Inferiorität) bzw. auch teilweise erste Berichte über bessere Ergebnisse in High-Volume-Zentren Zentren (27, 28). Infolgedessen findet die robotergestützte Chirurgie auch bei der Antirefluxchirurgie immer stärkere Verbreitung
Dysphagie
Die Dysphagieproblematik wurde in den letzten Jahren durch die Möglichkeiten der endoskopischen Bougierungn verbessert. Bereits nach 1–2maliger Durchführung mit dicklumigen Bougies zeigen sich gute Erfolge. Tatsächlich ist die Häufigkeit von Reeingriffen wegen persistierender Dysphagieeher gering.
Flächenberechnung der Hiatushernie
Die Fläche der Hiatushernie (HSA=hiatal surface area) kann nach der Formel für die Flächenberechnung einer Raute (RxS)/2 erfolgen. da der Hiatus oesophageus am ehesten näherungsweise einer Raute entspricht. Dies erfolgt mit einem intracorporalen Lineal nach vollständiger Säulendissektion und Schaffung eines retroösophagealen Fensters. R steht hierbei für die Länge der Crura vom Beginn der Cruralkommissur bis zum oberen Rand des Hiatus esophageus. S steht für den größten horizontalen Abstand zwischen den beiden Cruras einschließlich ihrer Dicke (29).
Alternativ kann die von Granderath et al. vorgestellte Formel verwendet werden (30, 31). Hierbei wird zunächst die Länge der Schenkel in Zentimetern gemessen beginnend an der Kommissur crural bis zum Rand, wo die Pars flaccida beginnt (Radius R). Dann der Bogen zwischen den beiden oberen cruralen Enden (s). Mit diesen beiden Werten kann der Winkel der dorsal liegenden cruralen Kommissur mittels der Umkehrfunktionberechnet werden (Alpha).
Alpha 1 = arcsin (s/2)/R
wobei arc = Umkehrfunktion und sin = Sinus.
Alpha 0 = 2x alpha 1
Das Bogenmaß wird mit der Formel berechnet:
B = pi x R x alpha 0=180
Dann kann die HSA mit der Formel berechnet werden:
HSA = B x R/2