Perioperatives Management - Transfemorale Katheter-Embolektomie nach Fogarty bei embolischem Verschluss der A. iliaca externa links

  1. Indikationen

    • akute Extremitätenischämie infolge arterieller Embolie

    80–90% aller peripheren Embolien werden durch Thromben im linken Vorhof verursacht, 70% aller peripheren Embolien betreffen den aortoiliakalen Abschnitt. Gefäßaufzweigungen sind am häufigsten betroffen und hier besonders die Femoralisgabel und die Poplitealregion.

    Über 70% der kardialen Embolien entstehen auf dem Boden einer absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Weitere kardiale Emboliequelle:  akuter Myokardinfarkt (5 %), dilatative Kardiomyopathie, Klappenvitien, Endokarditis, prothetischer Herzklappenersatz, Herzwandaneurysma und Vorhofmyxome.

    10–20% aller peripheren Thromboembolien werden durch nichtkardiale Emboliequellen verursacht: Aneurysmen des aortoiliakalen und des femoropoplitealen Bereichs (Mikroembolien -> "blue toe syndrome" oder "trash foot" ), arteriosklerotische Plaques, selten auch Tumoren (Bronchial-Ca, Lungenmetastasen mit Anschluss an den Lungenkreislauf, Angiosarkom), Fremdkörper oder paradoxe Embolien bei offenem Foramen ovale.

    Bei 5–10% bleibt der Ausgangspunkt einer peripheren arteriellen Embolie ungeklärt.

  2. Kontraindikationen

    • ASA IV
  3. Präoperative Diagnostik

    Die Diagnose der akuten Extremitätenischämie ist häufig schon als „Blickdiagnose“ nach kurzer Anamneseerhebung und Untersuchung zu stellen. In der Regel wird auf eine Angiographie verzichtet (Ausnahme: gleichzeitiges Vorliegen einer PAVK) und die Therapie basierend auf der klinischen Befunderhebung (Anamnese, Inspektion, Palpation) geplant. Nach Beseitigung der absoluten Ischämie können Diagnostik und Therapie der Emboliequelle in Ruhe angegangen werden.

    Die Notfalldiagnostik soll folgende Fragen klären:

    1. Schweregrad der Ischämie (6 P nach Pratt, TASC bei AVK)?
    2. Lokalisation und Ausdehnung des Verschlusses?
    3. Akute ischämie durch Embolisation oder auf dem Boden einer AVK?

    Die typischen 6 P nach Pratt charakterisieren die schwere Verlaufsform der akuten Extremitätenischämie mit schwerwiegender vitaler Bedrohung der Extremität (Quelle: Pratt GH (1954) Cardiovascular surgery. Kimpton, London):

    6 P nach Pratt

    Bedeutung

    Pulselesness

    Fehlen peripherer Pulse

    Pallor

    Blässe der Haut

    Pain

    zunehmende Ischämieschmerzen

    Paresthesia

    aufsteigende Sensibilitätsstörung

    Paralysis

    zunehmende Funktionseinschränkung

    Prostration

    fortschreitender Gewebeuntergang

    Bei der AVK hat die Klassifikation der akuten Extremitätenischämie entsprechend der Transatlantic Inter-Society Consensus (TASC)-Arbeitsgruppe das Ziel, der unterschiedlichen Dringlichkeit für weitere Diagnostik und Therapie Rechnung zu tragen:

    Stufe

    Beschreibung

    TASC I

    • keine vitale Bedrohung der Extremität
    • Sensibilität und Motorik erhalten
    • periphere Pulse dopplersonographisch nachweisbar

    TASC IIa

    • geringfügige Einschränkung von Motorik und Sensibilität
    • periphere Pulse dopplersonographisch meistens nachweisbar

    TASC IIb

    • erhebliche vitale Bedrohung der Extremität
    • Verlust der Sensibilität
    • Ruheschmerz bis proximal der Zehen
    • periphere Pulse dopplersonographisch meist nicht nachweisbar

    TASC III

    • irreversibler Gewebeuntergang oder schwerer peripherer Nervenschaden
    • schwerwiegende Sensibilitätsstörungen
    • Paralyse der Extremität

    Anamnese/Klinik

    Grobe Unterscheidung zwischen akutem thrombotischem Verschluss und Embolie:

     Embolie

    • plötzlicher, gelegentlich peitschenhiebartig auftretender Extremitätenschmerz (Leitsymptom)
    • häufig schwere Ischämie
    • kardiovaskuläre Vorgeschichte: bekanntes Vorhofflimmern, Herzvitium, Z.n. Myokardinfarkt, Aortenaneurysma

    → thrombotischer Verschluss

    • eher über mehrere Tage verlaufende Zunahme der Beschwerden mit meist inkompletter Ischämie
    • bekannte PAVK (Claudicatio-Beschwerden?)
    • Z.n. Bypass-OP, Stent/PTA
    • Atherosklerose-Risikoprofil
    • lokales Trauma
    • kein Anhaltspunkt für Emboliequelle

    Hautfarbe

    • weiße Ischämie: distal des Verschlusses blass
    • blaue Ischämie: ist prognostisch ungünstiger, weil die Thrombenbildung durch Stase schon auf den venösen Schenkel übergegriffen hat
    • Spontan-Ratschow Test kann bei inkompletter Ischämie wegweisend sein (bei angehobener Extremität totale Abblassung, die sich auch bei anschließender horizontaler Lagerung nicht erholt).

    Rekapillarisationszeit

    • kurzer Fingerdruck plantar auf Großzehe oder Vorfuß → initial blasse Druckstelle rötet sich normalerweise in < 3 Sekunden
    • je länger die Rötung auf sich warten lässt, desto ausgeprägter ist Perfusionsstörung

    effektiver Perfusionsdruck

    • Anheben der Extremität erlaubt Abschätzung des Perfusionsdrucks → 10 cm = 7,5 mm Hg

    Hauttemperatur

    • im Seitenvergleich ist die betroffene Extremität kälter
    • Verschluss liegt deutlich proximaler als Temperaturstufe

    Pulse

    • im einfachsten Fall Fehlen der Pulse an der betroffenen Extremität
    • beidseitiges Fehlen der Pulse: vorbestehende PAVK bds. oder asymptomatische Embolie

    seitenvergleichende Auskultation der Extremitätenarterien

    PM 303-3

    Knöchel-Arm-Index (ABI)

    • ABI = RR syst. A. tibialis posterior/RR syst. A. brachialis
    • je tiefer der ABI, desto ausgeprägter ist die Ischämie
    • im Akutstadium ggf. kein Druck messbar

    Farbcodierte Duplexsonographie

    • Carotis, Aorta abdominalis, Extremitätenarterien (bei Unterschenkelverschlüssen Ausschluss Poplitea-Aneurysma!)
    • Lokalisation von Stenosen und Verschlüssen in nahezu allen Gefäßregionen außer im thorakalen Bereich
    • Quantifizierung des Stenosegrades und Beurteilung der Plaquemorphologie möglich
    • Sensitivität und Spezifität ca. 90%   

    CT-Angiographie

    • Mehrzeilen-Computertomographie (MS-CT) unter Anwendung von nichtionischem Kontrastmittel
    • breites Indikationsspektrum: traumatische Gefäßläsion (bes. Körperstamm), vaskuläre Dissektion/Ruptur, Aneurysma, arterielle Thrombose/Embolie, Pfortader-/Mesenterialvenenthrombose, Lungenarterienembolie, PAVK, vaskuläre Tumoren
    • Vorteile: schnell erledigt, Erfassung relevanter Begleiterkrankungen, Darstellung peripherer Arterien, Sensitivität und Spezifität je ca. 90 %
    • Nachteile: Strahlen- und Kontrastmittelbelastung, Allergien (ca. 3 %), keine funktionelle Beurteilung
    • Indikation ist nicht vom Ischämiegrad abhängig, sondern von der Anamnese und dem klinsichen Befund am kontralateralen Bein: bei vorbestehender AVK oder Hinweisen auf ein Poplitea-Aneurysma besser angiographieren. Der Befund bestimmt dann die Op-Taktik. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer AVK oder eines Poplitea-Aneurysmas als Ursache der akuten Ischämie werden komplexere Rekonstruktionen notwendig (z.B. Gefäßinterpositionen, Bypassverfahren). Allerdings sollte bei kompletter Ischämie nicht zu viel Zeit für eine Angiographie verloren gehen (geeignete Logistik).

    Labor

    • BB
    • Elektrolyte
    • Gerinnung
    • Retentionswerte
    • Leberenzyme
    • Blutfette
    • Blutgruppe

    Kardialer Check

    • Ruhe-EKG

    Röntgenuntersuchung Thorax

    Als Sofortmaßnahme 5000-10000 i.E.Heparin, um eine Appositionsthrombose zu vermeiden. Den Fuß in einen Wattestrumpf packen, um Druckschäden zu verhindern (insb. auch intraoperativ!).

  4. Spezielle Vorbereitung

    Die akute Extremitätenischämie ist ein vaskulärer Notfall, weshalb sich Maßnahmen im Rahmen der speziellen Vorbereitung auf das Nötigste beschränken sollten.

    • Rasur des OP-Gebietes
    • Blutkonserven sind i.d. R. nicht erforderlich, die Blutgruppe sollte jedoch bekannt sein
    • Nüchternheitsgrenze kann bei fortgeschrittener Ischämie und akuter vitaler Bedrohung von Extremität und Patient nicht eingehalten werden
  5. Aufklärung

    Allgemeine Operationsrisiken

    • schwere Blutungen, Bluttransfusionen, Übertragung Hepatitis/HIV durch Fremdblutkonserven
    • Allergie/Unverträglichkeit
    • Wundinfektion
    • Thrombose/Embolie
    • Haut-, Gefäß-, Nervenschädigung z. B. durch Lagerung
    • Keloide

    Spezifische Operationsrisiken

    • erneuter Gefäßverschluss, ggf. weiterer Eingriff, (Teil)Amputation
    • Gefäßdissektion/-zerreißung durch Ballon-Katheter, ggf. Stent oder Interponat aus Vene oder Kunststoff
    • massive Infektionen mit schweren Blutungen aus den Nahtstellen, Sepsis, Amputation
    • Verletzung von Nerven mit Missempfindungen oder Schmerzen, Schwäche oder Teillähmung der Extremität
    • Embolie beim Zurückziehen des Ballon-Katheters, z. B. Gangrän im Fußbereich, Amputation
    • Lymphödem
    • Einschränkung der Nierenfunktion durch Kontrastmittel im Rahmen einer intraoperativen Angiografie
Anästhesie

Lokalanästhesie mit anästhesiologischem „stand-by“ oder ITN ... - Operationen aus der Allgemein-, V

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