Endovaskuläre Therapie der Nierenarterienstenose (NASt)
Arterielle Hypertonie und NASt
Zur Frage Ballonangioplastie, mit und ohne Stenting, vs. medikamentöse Therapie bei Patienten mit arterieller Hypertonie und NASt existiert ein Cochrane Review aus 2014 [1]. Basierend auf den Ergebnissen von 7 randomisierten Studien mit über 2000 Teilnehmern, die über das kardiovaskuläre und renale klinische Ergebnis berichteten, konnten diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Angioplastie und medikamentöser Therapie feststellen. Allerdings ergab das Cochrane Review, das die Ballonangioplastie zu einer geringen Verbesserung des diastolischen Blutdrucks und geringen Reduzierung des Bedarfs an Antihypertensiva führte. Die Ballonangioplastie wurde als sichere Prozedur eingestuft und resultiere in einer ähnlichen Zahl an kardiovaskulären und renalen unerwünschten Nebenwirkungen wie die medikamentöse Therapie.
Eine weitere Interpretation der bisher vorliegenden Studien erstellten Mohan und Bourke in 2015 [2]. Nach ihrer systematischen Übersicht ist die Intervention u. a. gerechtfertigt bei:
- Patienten mit einer NASt > 80 % und signifikantem transläsionalem Druckgradienten
- Patienten, bei denen die Hypertonie auch mit mehr als drei Antihypertensiva schwer zu kontrollieren ist, speziell bei jüngeren Patienten
- Patienten mit einer trunkulären Stenose der Nierenarterie als einer Stenose im Bereich des Ostiums
- Patienten mit rascher Verschlechterung der Nierenfunktion
- einer Transplantatnierenarterienstenose.
Die bisher umfassendste Darstellung der Ergebnisse der Behandlung der NASt legte 2016 die Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) vor [3]. In diese systematische Übersicht mit Vergleichsanalyse zur Effektivität von medikamentöser Therapie, Revaskularisation mit PTA + Stent (PTAS) und chirurgischer Revaskularisation bei Patienten mit arteriosklerotischer renaler Arterienstenose gingen 78 Studien und 20 Fallserien ein, die bis März 2016 publiziert wurden. Nach den Autoren weist die Evidenz der kontrollierten Studien darauf hin, dass PTAS keinen Nutzen im Vergleich zur medikamentösen Behandlung allein bietet bei Patientengruppen, bei denen beide Interventionen im Gleichgewicht verglichen wurden. Beobachtungsstudien suggerieren, dass Patienten mit erweiterter Indikation von PTAS – speziell schlechtere Nierenfunktion (verschieden definiert) oder höherem Blutdruck (auch verschieden definiert) – eine verbesserte Nierenfunktion und verbesserten Blutdruck eher bei PTAS erreichen. Es bleibt unklar, ob solche „Hochrisiko“-Patienten einen Nutzen von der PTAS haben hinsichtlich Überleben, Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse und Nierenersatztherapie im Vergleich zu Patienten, die bei der medikamentösen Behandlung bleiben. Letztlich gibt es eine Patientenuntergruppe, die von der Revaskularisation profitieren, aber die Evidenz lässt diese nicht eindeutig definieren, außer dass Fallserien demonstrieren, dass einige Patienten mit akuter Dekompensation einen Nutzen von der Revaskularisation haben. Die AHRQ-Übersicht zeigt, wie unterschiedlich die Bewertungen ausfallen, je nachdem, ob es sich um eine kontrollierte Studie, Beobachtungsstudien oder lediglich Fallserien handelte.
Der Frage, inwieweit das Stenting bei einer arteriosklerotischen NASt von klinischem Nutzen ist, ist die randomisierte kontrollierte Cardiovascular Outcomes in Renal Atherosclerotic Lesions (CORAL)-Studie nachgegangen [4]. In die Studie wurden insgesamt 947 Teilnehmer aufgenommen, die entweder einen systolischen Bluthochdruck bei schwerer NASt und optimaler medikamentöser Therapie aufwiesen oder eine schwere NASt kombiniert mit chronischer Nierenerkrankung zeigten. Im kombinierten Endpunkt (Tod aus kardiovaskulärer oder renaler Ursache, Herzinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen Stauungsinsuffizienz, progressive Niereninsuffizienz, Notwendigkeit der Nierenersatztherapie) fanden sich zwischen der gestenteten Therapiegruppe und den allein medikamentös behandelten Patienten in einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 43 Monaten keine signifikanten Unterschiede. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass das Stenting einer arteriosklerotischen NASt keinen klinischen Nutzen hat, wenn die Patienten ausreichend medikamentös behandelt werden.
Eine weitere Auswertung der CORAL-Studie untersuchte, wie sich das Stenting auf die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bei Patienten mit NASt über 3 Jahre auswirkt [5]. Sie konnten zeigen, dass das Stenting die GFR von Patienten mit NASt, die eine Therapie auf Basis einer Renin-Angiotensin-System-Hemmung erhielten, nicht beeinflusste. Weder verbesserte noch verschlechterte die Stentbehandlung die Nierenfunktion bei Patienten mit gleichzeitiger optimaler medikamentöser Behandlung, die Stentbehandlung modifizierte nicht das Risiko klinisch ungünstiger Ereignisse in Zusammenhang mit einer chronischen Nierenerkrankung.
In einer weiteren Analyse der CORAL-Studie wurden Subgruppen von Patienten gesucht, die möglicherweise besser von einer Stentplatzierung profitierten als das Gesamtkrankengut [6]. Die Daten der CORAL-Studie ließen keinen Nutzen des Stentings auf Basis von Stenosegrad, hämodynamischer Signifikanz der Läsion oder höherem Ausgangsblutdruck erkennen.
Ischämische Nephropathie und NASt
Die ischämische Nephropathie gehört zu den häufigeren Ursachen einer progredienten chronischen Niereninsuffizienz, die zu einem terminalen Nierenversagen führen kann. Ursächlich ist in der Regel eine höhergradige arteriosklerotische bilaterale NASt bzw. einer einseitigen Stenose bei Einzelniere (mindestens 70 %ige Lumeneinengung), andere Ursachen wie die fibromuskuläre Dysplasie sind selten [7, 8].
Aus der Feststellung einer beidseitigen NASt bzw. einer einseitigen Stenose bei Einzelniere kann nicht ohne weiteres auf eine ischämische Nephropathie geschlossen werden, da trotz Stenosierung nicht in jedem Fall eine Einschränkung der Nierenfunktion nachzuweisen ist. Die Diagnose einer ischämischen Nephropathie wird meist erst gestellt, wenn es bei nachgewiesener Stenosierung zu einem progredienten Nierenfunktionsverlust kommt, für den andere Ursachen ausgeschlossen sind (z. B. diabetische Nephropathie). Das Krankheitsbild ist demzufolge eine klinische Diagnose, die sich auf eine bildgebende Diagnostik stützt, aber keines histopathologischen Nachweises bedarf [8]. Die Angiographie zeigt meist eine proximale oder ostiale beidseitige Nierenarterienstenose sowie ausgeprägte arteriosklerotische Wandveränderungen im Bereich der abdominalen Aorta.
Die ischämische Nephropathie ist eine Erkrankung des älteren Patienten. Ihre Prävalenz in der internationalen Literatur schwankt zwischen 1,9 und 27 % [9, 10, 11, 12, 13]. Daten des United States Renal Data System zeigen, dass sich die Inzidenzrate der ischämischen Nephropathie im Beobachtungszeitraum von 1991 bis 1997 mehr als verdoppelt hat [11]. Aktuellere Daten liegen auch für Deutschland nicht vor. Risikofaktoren für die Entwicklung einer ischämischen Nephropathie sind höheres Alter, Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes mellitus und Hyperlipidämie.
Die arteriosklerotischen Veränderungen der Nierenarterie haben meist einen progredienten Verlauf und können zur kompletten Stenosierung der Arterie führen [14, 15]. Ab einer Lumeneinengung von etwa 70–80 % kommt es zu einem Abfall des Perfusionsdrucks, der mit einer kortikalen Hypoxie einhergeht. Die Folge ist eine Rarefizierung der Mikrogefäße und über komplexe Mechanismen eine irreversible interstitielle Fibrose der betroffenen Niere [16, 17]. Perfusionsunabhängige Mechanismen führen dazu, dass die nicht oder geringfügig stenosierte kontralaterale Niere einem erhöhten systemischen Druck ausgesetzt ist [18].
Die 5-Jahres-Mortalität von Patienten mit ischämischer Nephropathie wird mit fast 50 % angegeben [10, 19]. Werden die Patienten wegen einer ischämischen Nephropathie dialysepflichtig, steigt die 5-Jahres-Mortalität weiter an [20, 21]. Schon bald nach Einführung der endovaskulären Verfahren und auch bei gefäßchirurgischer Korrektur wurde deutlich, dass sich auch bei technisch erfolgreicher Revaskularisierung die Nierenfunktion nicht in jedem Fall bessert.
Bleibt eine optimale medikamentöse Therapie über Wochen und Monate ohne Erfolg, kann im Einzelfall nach sorgfältiger Abwägung ein revaskularisierendes Verfahren durchgeführt werden, wenn eine 70%ige Lumeneinengung besteht [22]. Als revaskularisierende Maßnahmen sind die perkutane Stentangioplastie sowie die verschiedenen Varianten einer gefäßchirurgischen Rekonstruktion seit Jahren etabliert [23]. In Betracht kommen Patienten mit:
- progredientem chronischem Nierenversagen in den vorausgegangenen 6–12 Monaten [24],
- rezidivierendem Lungenödem nichtkardialer Genese (bes. bilaterale Stenose, stenosierte Einzelniere bzw. Transplantatarterie) [25, 26],
- einer therapierefraktären Hypertonie, auch bei nicht eingeschränkter Nierenfunktion (min. 3 Antihypertensiva einschl. Diuretikum) [27].
Die Revaskularisierung führt in etwa 25–30 % der Fälle zu einer Besserung bis hin zur Normalisierung der Nierenfunktion, in etwa 50 % der Fälle bleibt sie stabil und bei den restlichen 20 % der Patienten wird eine Verschlechterung bis hin zur Dialysepflichtigkeit beobachtet [23].
NASt durch fibromuskulärer Dysplasie (FMD)
Bei der FDM handelt es sich um eine fibrotische Verdichtung der Arterienwand, die an den Nierenarterien, aber auch an Extremitäten-, Mesenterial- und Zerebralarterien auftreten und zu Stenosierungen führen kann [28]. Am häufigsten betroffen sind die Nierenarterien und hier insbesondere die rechte [29]. Überproportional häufig sind junge Frauen unter 35 Jahren betroffen [29, 30]. Sie kann die Erklärung für einen sich akut verschlechternden Hypertonus beim jungen Menschen sein. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt.
Die endovaskuläre Therapie einer NASt durch eine FMD mittels PTA weist gute technische Erfolgsraten auf, allerdings zeigt ein Viertel der Patienten Hinweise auf eine Restenose nach 6 Monaten bis 2 Jahren. Die operative Therapie dieser vorbehandelten Patienten zeigt im Vergleich keine schlechteren Ergebnisse als bei nicht vorbehandelten Patienten [31].