Perioperatives Management - Naht- und Knotentechnik

  1. Nadel und Faden

    Nadel und Faden

    Alle auf dem Markt befindlichen Nahtmaterialien sind normiert und wurden im europäischen Arzneibuch definiert. Gebräuchlich sind zwei Stärkebezeichnungen, die der Europäischen Pharmakopöe (EP) und der United States Pharmacopeia (USP).

    Die Fadenstärken nach der United States Pharmakopea (Amerikanisches Arzneibuch, USP) waren zunächst willkürlich gewählt. Erheblich einfacher und übersichtlicher ist die Stärkenbezeichnung nach der Europäischen Pharmakopöe. Hier wurde das Dezimalsystem zugrunde gelegt. Die Stärkensortierung wird „metric“ genannt. Die Stärkensortierung gibt die Fadenstärken in 1/10mm an und sagt bezüglich der herkömmlichen Sortierung wirklich etwas über den Fadendurchmesser aus (z.B.: metric 1 = 1/10 mm = 0,1 mm Fadendurchmesser). Um die Umstellung zu erleichtern und Verwechslungen auszuschließen, geben die Hersteller in der Bundesrepublik Deutschland auf allen Packungen die Fadenstärken in metric und in der herkömmlichen Bezeichnung USP an (Harmsen W. S. 1994) (Thiede A. Geiger D. 1998).
    Die Stärkeneinteilung der Europäischen Pharmakopöe in metric übernahm inzwischen auch die 19. Pharmakopöe der USA. Somit ist praktisch eine weltweit einheitliche Stärkenangabe gesetzlich vorgeschrieben.

    Es existiert eine Vielzahl verschiedener chirurgischer Nadeln, die dem jeweiligen operativen Einsatzgebiet angepasst sind. Unterschieden werden sie hierbei nach bestimmten Spezifikationen:
    Biegeformen und Bogenlänge: die Biegeform beschreibt Anteile des Kreisumfanges, einen 1/4-Kreis bis hin zu einem 5/8-Kreis. Je stärker die Nadel gebogen ist, desto näher liegen Ein- und Ausstichstelle beieinander. In beengten Operationsfeldern wie dem Analkanal kann es so nützlich sein, eine stark gebogene Nadel zu verwenden. Für Hautnähte werden üblicherweise 1/2-Kreis-Nadeln verwendet. Die Bogenlänge ist in etwa mit der Breite der Nadel gleichzusetzen, bzw. stellt den Abstand zwischen Nadelspitze und Armierzone dar.
    Nadelspitze: Unterschieden werden unter anderem schneidende Nadeln mit einem dreieckigen Querschnitt für widerstandsfähige Gewebe (zum Beispiel für die Hautnaht) von Rundkörpernadeln mit schlanken und runden Spitzen mit einem kleinen Stichkanal für alle weichen Gewebe.
    Bereits mit dem Faden armierte Nadeln erlauben atraumatisches Nähen im Gegensatz zum Nähen mit einem in die Öhrnadel einzulegenden Faden; durch den dabei im Nadelöhr doppelt liegenden Faden entsteht ein größeres Trauma beim Gewebsdurchstich.

    Den optimalen, universell einsetzbaren Faden gibt es nicht. Für einen schicht- und gewebegerechten Wundverschluß sind unterschiedliche Materialien notwendig. Wichtige Ansprüche an das chirurgische Nahtmaterial sind

    *hohe Sterilität
    *hohe Reißfestigkeit
    *sicherer Knotensitz
    *Gewebeverträglichkeit
    *keine Kapillarität
    *adäquater Preis.

    Monofile Fäden zeichnen sich durch einen hervorragenden Gewebedurchzug aus. Die glatte Oberfläche und die Steifigkeit verschlechtern allerdings den Knotensitz, was durch eine höhere Knotenzahl (ca.6 bis 8) ausgeglichen werden muß. Desweiteren haben monofile Fäden eine erheblich geringere Reißfestigkeit als geflochtenes Nahtmaterial.

    Polyfile, aus mehreren Filamenten geflochtene Fäden zeichnen sich durch eine höhere Flexibilität aus und führen so zu einem sichereren Knotensitz. Von Nachteil ist demgegenüber die Kapillarität oder Dochtwirkung. Durch seine raue Oberfläche gleitet der Faden nur schlecht durch das Gewebe (Sägewirkung) und kann so zum Zerschneiden führen. Um diesen unerwünschten Effekt zu minimieren und das Gewebedurchzugverhalten zu optimieren, sind manche geflochtene Fäden beschichtet (pseudomonofil).

    Resorbierbares Nahtmaterial findet an Stellen Verwendung, die für eine bestimmte Zeitspanne adaptiert werden müssen (Darmanastomosen, Muskelnähte, Subkutannähte, Gefäßligaturen).
    Nichtresorbierbares Nahtmaterial wird dort eingesetzt, wo eine permanente bzw. längere Unterstützung der Gewebefestigkeit gefordert ist. Dies betrifft insbesondere Orte mit hoher mechanischer Belastung (zum Beispiel die Shouldice-Naht bei der Hernienversorgung, die Fixation des Netzes bei einer Operation nach Lichtenstein oder auch Gefäßwandnähte).
    Wo demgegenüber die Entfernung des Nahtmaterials vorgesehen ist, sollte stets ein nichtresorbierbarer Faden eingesetzt werden (Haut). Eine Ausnahme stellt hier die intrakutane Hautnaht dar, die auch mit resorbierbaren monofilen Fäden durchgeführt werden kann.

    Je nach Lokalisation werden unterschiedliche Fadenstärken verwendet. An Händen und Gesicht zum Beispiel kommen feinere Nähte der Stärke 4/0 oder 5/0 zur Verwendung. Gelenknahe Gewebe, die einer höheren Spannung ausgesetzt sind, sollten mit stärkeren Fäden versorgt werden (2/0 oder 3/0). Für Hautnähte kommen wegen des Kapillareffektes (mögliche Kontamination der Wunde) keine geflochtenen Fäden zum Einsatz.

    Handgenähte gastrointestinale Anastomosen werden in der Regel fortlaufend einreihig seromuskulär angelegt und sollten mit einem resorbierbaren monofilen Faden ausgeführt werden.

    Gefäßwände sollten fortlaufend evertierend in kleinen Abständen genäht werden. Hierfür eignet sich nichtresorbierbares monofiles Nahtmaterial.

    Freie Ligaturen sowie Druchstechungsligaturen zum Beispiel an Gefäßstümpfen sollten aufgrund des besseren Knotensitzes mit geflochtenen Fäden ausgeführt werden; gerade bei Durchstechungsligaturen kommt jedoch auch monofiles Nahtmaterial zum Einsatz.

    Die Peritonealnaht soll für einen wasserdichten Verschluß des Peritoneums sorgen. Gerade nach Eingriffen bei entzündlichem Geschehen ist das Peritonealexsudat trotz ausgiebiger Lavage häufig mit Keimen kontaminiert. Dies wird eher vom Peritoneum toleriert als von der Muskulatur und dem Subkutangewebe. So entstehen Bauchdeckenabszesse in der Regel durch einen subfaszialen Prozeß und nicht durch unsterile Verbandswechsel. Die Peritonealnaht wird mit resorbierbarem Material erstellt und kann mit monofilen, aber auch mit geflochtenen, antibakteriell beschichteten Fäden erfolgen.

    Faszien sind bradytrophe Gewebe, die meist fortlaufend genäht werden. Sie sollten daher mit kräftigen, monofilen resorbierbaren Fäden versorgt werden, die eine lange Halbwertszeit beziehungsweise eine lange Resorptionszeit haben.

    Subkutannähte werden in der Regel mit resorbierbaren, geflochtenen Fäden durchgeführt und sollen eine Taschenbildung verhindern.