Da Spontanheilungen rektovaginaler Fisteln auch nach Anlage eines Stomas eher selten sind und konservative Maßnahmen so gut wie nie zur Ausheilung führen, kommt als suffiziente Therapie nur die operative Fistelsanierung in Frage.
Erstaunlicherweise stellen sich viele Patientinnen mit bereits langjährig bestehenden Fisteln vor, was auf einen geringfügigen oder nicht vorhandenen Leidensdruck und natürlich auch Scham zurückzuführen scheint. Nicht selten erfolgt die Vorstellung zur Fistelsanierung auf Drängen des Partners oder der Familie, gelegentlich wird die Diagnose auch zufällig gestellt, z.B. im Rahmen der Diagnostik und Behandlung anderer Erkrankungen.
Entscheidend für die Indikation zur operativen Fistelsanierung sind ein entsprechender Leidensdruck, rezidivierende Infekte und ggf. auch vorhandene Kontinenzstörungen. Besteht kein wesentlicher Leidensdruck und/oder ist die Fistel asymptomatisch sollte die OP-Indikation nur mit Zurückhaltung gestellt werden.
Wann ist der ideale Zeitpunkt zur Fistelkorrektur?
Bei entsprechendem Leidensdruck sollten rektovaginale Fisteln möglichst zügig saniert werden. Allerdings spielt der Zustand der betroffenen Gewebspartien für die Wahl des Operationszeitpunkts eine entscheidende Rolle.
Vor Beginn operativer Maßnahmen müssen evtl. vorhandene Entzündungsprozesse wie Induration oder Inflammation weitestgehend abgeklungen sein. Wird eine Fistel im Rahmen einer Abszessbildung erst symptomatisch, beschränkt man sich zunächst auf eine Abszessinzision und Markierung der Fistel mittels Vessel-Loop, bevor in einem weiteren Schritt die Fistelsanierung angestrebt wird. Das Abklingen von Entzündungsreaktionen kann durch regelmäßige Sitzbäder, Ausduschen, evtl. auch Debridement, 10 – 14-tägige Verabreichung oraler Breitspektrum-Antibiotika und ballaststoffarme Diät unterstützt werden.
Ist die Fistel ursächlich auf ein Perinealtrauma zurückzuführen, z.B. als Komplikation der primären Rekonstruktion eines höhergradigen Dammrisses im Rahmen einer vaginalen Entbindung, sollte mindestens 10-12 Wochen nach dem auslösenden Ereignis abgewartet werden.
Wann ist die Anlage eines protektiven, temporären Stomas indiziert?
Die Anlage eines protektiven Stomas ist bei allen Fisteltypen mit ausgeprägten lokalen entzündlichen und narbigen Veränderungen, breiten Gewebsdefekten sowie anorektaler Inkontinenz mit erforderlicher aufwendiger Schließmuskelrekonstruktion ratsam. Zum sog. „komplizierten Fistelleiden“ gehören:
- Mehrere Fistelöffnungen vorhanden
- Hufeisenförmig verlaufende oder suprasphinktere Fistelformen
- Breite Fistelöffnungen, die in der Regel eine schwierige Verschlusstechnik nach sich ziehen (z.B. Gracilisinterposition)
- Ausgeprägte entzündliche perineale und perianale Veränderungen
- Crohn-Fisteln
- Radiogene Fistel
- Schwere geburtshilfliche Verletzungen wie Dammverlust
Ist ein protektives Stoma erforderlich, ist eine ausführliche Beratung der betroffenen Patientin nicht nur durch den Operateur, sondern auch durch einen Stomatherapeuten obligat wie auch die Vermittlung von Selbsthilfegruppen.
Die Rückverlagerung eines Schutzstomas sollte frühestens 3 Monate nach erfolgreicher Fistelsanierung erfolgen.
Sonderfall: Rektovaginale Fistel und M. Crohn
Fisteln, die im Rahmen einer Crohn-Erkrankung entstehen, haben eine ausgesprochen schlechte Prognose mit einer Rezidivquote von über 50 %. Fistelsanierungen im akuten Schub sollten – unabhängig von der Lokalisation des befallenen intestinalen Segments – unterbleiben. Operative Maßnahmen müssen bis zum Abklingen des Schubs zurückgestellt und die Indikation zur Anlage eines protektiven Stomas großzügig gestellt werden.