Multimodale Therapie des Ösophaguskarzinoms
Mit rund 6.500 Neuerkrankungen jährlich ist das Ösophaguskarzinom in Deutschland eine eher seltene Tumorenität, allerdings mit zunehmender Häufigkeit. In etwas 50 – 60 % der Fälle handelt es sich um Plattenepithelkarzinome. Adenokarzinome, die überwiegend im unteren Ösophagusdrittel lokalisiert sind, wurden in den letzten Jahren häufiger diagnostiziert.
Lediglich 25 % der Patienten befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in einem frühen Tumorstadium (T1, T2), weshalb die 5-Jahrens-Überlebensrate in Deutschland nur zwischen 22 und 24 % liegt [1]. Ab einem Stadium von cT3 kann evidenzbasiert eine multimodale Therapie das Überleben verbessern und ist daher indiziert [2]:
- T1a: Mukosektomie bzw. endoskopische Mukosaresektion
- T1b bis T2: primäre chirurgische Resektion als Therapie der Wahl, bei T2 mit positivem Lymphknotenbefall, präoperative multimodale Therapie fakultativ
- T3 bis T4: unabhängig vom Lymphknotenbefall präoperative multimodale Therapie + chirurgische Resektion
Die präoperative Radiochemotherapie stellt den Standard beim resektablen Plattenepithelkarzinom ab T3 dar, beim Adenokarzinom ab T3 werden die perioperative Chemotherapie als auch die Radiochemotherapie als gleichwertige Optionen angesehen. Beim Plattenepithelkarzinom kann auch mit einer definitiven Radiochemotherapie eine Kuration erreicht werden [2]. Bei der Radiochemotherapie liegt der Schwerpunkt auf der maximalen lokalen Wirkung, bei der perioperativen Chemotherapie auf dem optimalen systemischen Effekt [3, 4, 5, 6, 7].
Ösophagusresektion
Ziel der operativen Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist die komplette Tumorentfernung, oral, aboral und zirkumferenziell [2]. Wegen der frühen lymphogenen Metastasierung ist die lokale endoskopische Abtragung sowohl beim Platten- als auch Adenokarzinom nur bei Frühformen sinnvoll (T1a), bei Stadien > T1a ist die Resektion inklusive Lymphadenektomie indiziert.
Als derzeitiger Standard gilt die 2-Feld-Lymphadenektomie (2-Feld-LAD) abdominell und thorakal mit Entfernung der paraösophagealen Lymphknoten (LK) im Resektionsbereich des thorakalen Ösophagus (inkl. der infrakarinalen und parabronchialen LK; thorakales Kompartiment) als auch der abdominellen parakardialen LK sowie der LK entlang des Truncus coeliacus und seiner Äste (abdominelles Kompartiment). Bei sehr hoch sitzenden Karzinomen kann auch die zervikale LK-Entfernung erforderlich sein [2]. Eine Sentinel-LK-Entfernung nach multimodaler Therapie ist unsicher und wird daher nicht empfohlen [8]. Für die Mindestanzahl an zu entfernenden Lymphknoten gibt es im Moment keine definitive Aussage.
Bei Tumoren des mittleren und distalen Ösophagus wird eine abdominothorakale Resektion mit Schlauchmagenhochzug als Standardverfahren angesehen. Ist der Magen nicht als Conduit verfügbar, kann alternativ Kolon verwendet werden [2]. Für das Standardverfahren ist ein linksthorakaler Zugang möglich, jedoch wird aufgrund der deutlich besseren Exposition der thorakalen LK in der Regel ein höherer rechtsthorakaler Zugang gewählt, wie das auch im Filmbeispiel der Fall ist (Ivor-Lewis-Operation [9]). Mit zunehmender Höhe der Ösophagusanastomose kommt es zu einem deutlichen Anstieg von Leckagen, Anastomosenstrikturen und Dysphagien und zu einer Verringerung der Lebensqualität [10], weshalb intrathorakale Anastomosen bevorzugt werden.
Bei tiefsitzenden Tumoren des Ösophagus (Siewert-II-Karzinome) existieren derzeit keine Empfehlungen bezüglich des Resektionszugangs zwischen einer Ivor-Lewis-Operation oder einer transhiatal erweiterten Gastrektomie [2]. Detailanalysen der sog. Siewert-II-Karzinome zeigten jedoch einen Unterschied in Abhängigkeit der proximalen Ausdehnung des Tumoroberrands in den Ösophagus. Kurokawa et al [11] fanden einen signifikant höheren Anteil an Patienten mit mediastinalem Lymphknotenrezidiv nach transhiataler Resektion, weshalb bei Adenokarzinomen am ösophagogastralen Übergang zunehmend statt der transhiatal erweiterten Gastrektomie eine Ivor-Lewis-Ösophagektomie mit proximaler Magenresektion durchgeführt wird.
Die S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus“ empfiehlt, dass sowohl die Ösophagektomie als auch die Rekonstruktion des Ösophagus minimalinvasiv oder in Kombination mit offenen Verfahren (Hybridtechnik) ausgeführt werden können [2]. Die onkologischen Resultate scheinen bisher vergleichbar zum offenen Vorgehen, sodass bei technischer Machbarkeit und entsprechender Expertise heute eine minimalinvasive Resektion als für den Patienten primär erstrebenswert angesehen werden kann. Voraussetzung ist eine onkologisch adäquate Resektion mit sicherer intrathorakaler Anastomosierung [12, 13, 14, 15].