Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind mit einem Gesamtanteil von ca. 1 % aller gastrointestinalen Malignome recht selten. Sie stellen aber gleichzeitig die häufigsten mesenchymalen Tumoren des Magen-Darm-Trakts dar (23) und machen 10 – 15 % aller Sarkome aus. Ihre Inzidenz wird aktuell auf ca. 15 Fälle/1 Mio. Einwohner pro Jahr geschätzt (11). Als eigenständige Entität wurden sie erstmals 1998 beschrieben (16) und werden aufgrund der Fortschritte in der systemischen Therapie mit Tyrokinaseinhibitoren (21,33,37) mittlerweile im Rahmen eines multinodalen Behandlungskonzepts chirurgisch-onkologisch behandelt (5, 10, 17, 34). Die Grundlage einer kurativen Behandlung von Patienten mit GIST ist die vollständige Tumorresektion, denn nur durch sie kann eine Heilung erreicht werden.
GIST werden definiert als mesenchymale, spindelzellartige oder epitheloidzellige Tumoren mit dem immunhistochemischen Nachweis einer CD117-Expression (28). Als Sonderform existieren extragastrointestinaleCD117-Stromatumoren im Omentum, Mesenterium und Retroperitoneum (25, 29).
Die Tendenz der malignen Entartung von GIST hängt von der Tumorgröße und der vorhandenen Mitosezahl ab (11) und erlaubt folgende Klassifizierung des Malignitätsrisikos (Tumorgröße in cm, Mitosezahl in n/50 HPF = „high-power-field“, mikroskopisches Gesichtsfeld):
sehr niedriges Risiko: < 2 cm, < 5/50 HPF
niedriges Risiko: 2-5 cm, < 5/50 HPF oder < 5 cm, 6-10/50 HPF
intermediäres Risiko: 5-10 cm, < 5/50 HPF oder > 5 cm, > 5/50 HPF
hohes Risiko: > 10 cm, jede Mitosezahl oder jede Größe, > 10/50 HPF
Neben Tumorgröße und Mitosezahl ist auch die Lokalisation eines GIST von prognostischer Bedeutung. Bei gleicher Tumorgröße und Mitosezahl hat nach einer R0-Resektion ein GIST des Magens eine bessere Prognose hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens als ein GIST des Dünndarms. Die schlechteste Prognose haben kolorektale GIST (14, 15). Die Einteilung erfolgt vorzugsweise nach der Miettinen-Klassifikation, die das Rezidivrisiko jeweils in Prozent berechnet (26).
Allgemeine Grundsätze zur chirurgischen GIST-Therapie
Unabhängig von Tumorgröße, Malignitätsrisiko und Organmanifestation ist die komplette Resektion (R0) das primäre Ziel der chirurgischen Therapie, wodurch 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 48 und 65 % erreicht werden können. Bei kleinen Tumoren (< 1 cm), die zufällig entdeckt worden sind, wird von einigen Autoren ein konservatives Vorgehen empfohlen. Ab einer Tumorgröße von über 10 cm sinkt die Prognose für das Überleben – trotz R0-Resektion.
Im Vergleich zu anderen soliden Tumoren des Gastrointestinalstrakts gibt es bei GIST einige Besonderheiten, die zum Erreichen einer chirurgisch-onkologischen Radikalität beachtet werden müssen:
1. GIST entwickeln sich nicht im Bereich der Mukosa, sondern in der Ringmuskelschicht.
Das bedeutet, dass sie sich einerseits dem Nachweis durch endoskopisch gewonnene Schleimhaut-PEs entziehen können, aber auch, das bei kleinen, frühen GIST z. B. eine endoskopische Muskosaresektion keinesfalls zu einer R0-Resektion führen kann. Diese kann nur durch eine Resektion unter Mitnahme der Muskularis sichergestellt werden. Die Resektion bei Befall des Ösophagus muss also bis in das periösophageale Fettgewebe reichen, beim Magen bis in die freie Bauchhöhle und beim Rektum bis in das Mesorektum.
2. GIST führen nur extrem selten zu einer lymphogenen Metastasierung.
Im Gegensatz zu soliden Malignomen des Gastrointestinalstrakts neigen GIST nicht zu einer lymphatischen Metastasierung (18). Lediglich bei weit fortgeschritten metastasierten Stadien können LK-Filiae gelegentlich beobachtet werden, dann allerdings als Fernmetastasen z. B. in der Axilla. Eine LK-Dissektion ist zur Erzielung einer R0-Resektion somit entbehrlich, ein Sicherheitsabstand von 2 cm gilt als ausrechend (25).
3. Die Indikation zur Resektion ergibt sich ab 2 cm Tumorgröße und bei kleineren GIST mit nachweisbarer Tendenz zur Größenzunahme.
Das chirurgische Vorgehen bei GIST orientiert sich an Tumorgröße, Lokalisation und – sofern bekannt – an der Einschätzung des Malignitätssrisikos und entspricht somit nicht prinzipiell der Resektionsprinzipien eines soliden Karzinoms des gleichen Organs. Entsprechend den Empfehlungen des NCCN (National Comprehensive Cancer Network der USA) und der ESMO (European Society for Medical Oncology) ergibt sich die Indikation zur Resektion ab einer Tumorgröße über 2 cm (6), darunter allerdings auch bei einer nachweisbaren Größenzunahme. Eine Tumorgröße ab 2 cm korreliert mit der Zunahme des Malignitätssrisikos, das ab 2 cm nicht mehr als sehr gering einzustufen ist (11).
Primäre GIST des Magens
Die häufigste Lokalisation gastrointestinaler Stromatumoren ist der Magen. Symptome wie eine obere GI-Blutung, Dyspepsie und Oberbauchbeschwerden treten in rund 65 – 70 % der Fälle auf (1, 14), mit 54 % ist die obere GI-Blutung das häufigste Symptom. In 17 % der Fälle wird ein GIST-Tumor im Rahmen diagnostischer Maßnahmen oder bei anderen Eingriffen zufällig entdeckt (27).
Das Ausmaß der Resektion hängt in erster Linie von der Tumorgröße und dem empfohlenen Sicherheitsabstand von 2 cm ab. An Resektionstechniken kommen in erster Linie lokale Exzisionen bzw. Enukleationen und Wedge-Resektionen infrage, selten auch partielle oder totale Gastrektomien sowie Multiviszeraleingriffe bei großen und metastasierenden Tumoren. Das am häufigsten durchgeführte Verfahren ist die Wedge-Resektion, die als adäquate Therapie eine GIST des Magens angesehen werden kann, solange tumorfreie Resektionsgrenzen erreicht und eine intraoperative Tumorruptur verhindert werden kann. Lokal begrenzte Resektionsverfahren beim GIST des Magens sind möglich, da unabhängig von der Tumorgröße in aller Regel auf eine LK-Dissektion verzichtet werden kann (4, 12).
Laparoskopische Resektionsverfahren bei GIST des Magens
Laparoskopische Verfahren kommen beispielsweise in Betracht, wenn ein GIST großkurvaturseitig lokalisiert ist und eine tangentiale Magenwandresektion durchgeführt werden kann (35, 19, 30). Zu den dabei einzuhaltenden Kriterien einer onkologischen Resektion gehören nicht nur ein ausreichender Sicherheitsabstand von 2 cm, sondern auch Schonung der Pseudokapsel des Tumors, kein direktes Greifen der Tumoroberfläche und die Bergung mittels Bergebeutel.
Adjuvante Therapie mit Imatinib
Für über 90 % aller GIST ist die Überexpression des KIT-Rezeptors CD117 typisch, die auf aktivierende Mutationen im C-KIT-Gen zurückzuführen ist. Während in normalen Zellen nur nach Bindung eines Stammzellfaktors eine Aktivierung des KIT-Rezeptors stattfindet, führen die Mutationen zu einer Stammzellfaktor-unabhängigen Aktivierung, aus der das maligne Wachstumsverhalten der GIST resultiert (16).
Imatinib ist ein Phenylaminopyridimidin-Derivat, das die ATP-Bindungsstelle spezifischer Tyrosinkinasen wie KIT undPDGFRA blockieren kann. Dadurch erfolgt wiederum die Blockade der Signalwege, über die das maligne Wachstumsverhalten der GIST vermittelt wird.
Patienten mit einem hohen und ggf. auch mit einem intermediären Rezidivrisiko nach Miettinen sollten daher nach potenziell kurativer Operation eine adjuvante Therapie mit Imatinib über 3 Jahre erhalten (20, 32).
Procedere bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem GIST
Bei einem lokal fortgeschrittenen GIST ist die Vorbehandlung mit einem Tyrokinaseinhibitor wie z. B. Imatinib sinnvoll. Die neoadjuvante Therapie erleichtert eine R0-Resektion nicht nur durch die deutliche Reduktion der Tumorgröße, es kommt auch zu einer Rückbildung der Neoangiogenesezonen, wodurch ausgedehnte Multiviszeralresektionen wie z.B. Gastrektomie mit Splenektomie, Pankreas- und Zwerchfellresektion bei großem Magen-GIST umgangen werden können (2, 5, 21, 31).
Nach Beginn einer neoadjuvanten Therapie mit Imatinib bei einem primär nicht resektablen oder metastasierten GISTist bei den meisten Patienten innerhalb 6 Monate nach Therapiebeginn mit einem Ansprechen darauf zu rechnen. Die lokalen Verhältnisse sollten daher nach 6 Monaten nochmals überprüft werden, ob bei einem initial inoperablen GISTdie Resektion des Residualtumors erfolgen kann (23). Beim metastasierten GIST kann u.U. erst nach 12 Monaten neoadjuvanter Behandlung erwogen werden, den Residualtumor zu resezieren (13).
Liegen bereits Fernmetastasen vor (Leber, Peritoneum) oder ist es unter der Therapie mit Imatinib zu einem Lokalrezidiv gekommen, ist die Indikation zur Resektion individuell zu treffen. Es ist abzuwägen, ob es durch weitere medikamentöse Maßnahmen gelingt, eine Kontrolle der Erkrankung herbeizuführen oder ob mit einem vertretbaren Risiko die Resektion einer Lebermetastase oder peritonealen Aussaat möglich ist (9).
Die systemische antiproliferative Behandlung sollte auch bei erfolgreicher Resektion eines metastasierenden Residualtumors oder einer fokal progredienten Metastase unbedingt fortgesetzt werden. Wird sie beendet, muss mit neuen Metastasen bzw. mit einem Tumorrezidiv gerechnet werden (4, 36).