Stagingdiagnostik:
- Komplette Koloskopie
- Goldstandard in der Diagnostik des kolorektalen Karzinoms
- zur Lokalisationsdiagnostik und zur histologischen Sicherung und zum Ausschluss eines Zweitkarzinoms (ca. 5% der Fälle)
- Falls koloskopisch nicht das gesamte Kolon einsehbar ist, kann eine CT- oder MR-Kolonografie eingesetzt werden
- Nach notfallmäßiger Operation (Ileus, Tumorperforation,koloskopisch nicht stillbare Blutung): postoperative Koloskopie nach Anastomosenheilung und Rekonvaleszenz des Patienten zum Ausschluss eines synchronen Doppelkarzinoms
- Histologische Sicherung
- Laboruntersuchung mit Bestimmung des CEA-Werts
Bemerkung: Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose ist bei etwa 30 % aller kolorektaler Karzinome der Tumormarker CEA erhöht und sollte daher präoperativ bestimmt werden. In der Tumornachsorge ist das CEA bei den Marker exprimierenden Tumoren ein zuverlässiger Hinweis auf ein Rezidiv und zudem im Falle von Lebermetastasen ein unabhängiger Prognosefaktor. Die Bedeutung von CA 125 als Verlaufsparameter zur weiteren Behandlung einer nachgewiesenen Peritonealkarzinose ist derzeit unklar (1, 2). CA 19-9 wird als weiterer Tumormarker rezidivierend diskutiert, erhöht die Aussagefähigkeit bezüglich des Vorliegens eines Rezidivs im Vergleich zu einer alleinigen CEA-Wert-Bestimmung allerdings nicht.
- Röntgen Thorax in 2 Ebenen
- Sonographie des Abdomens
- Ggf. CEUS (Kontrastmittelsonographie) bei V.a. hepatische Filialisierung
- Ggf. MRT Leber bei V.a. hepatische Filialisierung
- Ggf. KM-CT
Bemerkung: Auch wenn in der S3-Leitlinie ein CT-Abdomen bzw. CT-Thorax-Abdomen als nicht erforderlich erachtet wird, wird es doch in den meisten Kliniken durchgeführt. Es dient neben der Detektion von hepatischen Filiae auch der Beurteilung des Primarius, ggf. vergrößerter Lymphknoten, sowie der Beurteilung der Lagebeziehung des tumortragenden Kolons zu weiteren Strukturen, wie den Ureteren und deren Verlauf.
Aus (3): Körber et al.: S3-Leitline colorectales Karzinom, Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF, Deutschen Krebsgesellschaft e.V. und Deutschen Krebshilfe. Stand: 2019. Abgerufen am: 03.07.2019.
Interdisziplinäre Tumorkonferenz:
Alle Patienten mit kolorektalen Karzinomen sollen nach Abschluss der Primärtherapie (z.B. Operation, Chemotherapie) in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt werden. In einer Studie aus Großbritannien konnte durch dieses Vorgehen das Überleben der Patienten signifikant gesteigert werden (4).
Zwingend bereits prätherapeutisch sollen Patienten in folgenden Konstellationen vorgestellt werden (3):
- jedem Rektumkarzinom
- jedem Kolonkarzinom im Stadium IV
- Fernmetastasen
- Lokalrezidiven
- vor jeder lokal ablativen Maßnahme
TNM-Klassifikation:
Das TNM-System für das kolorektale Karzinom ist folgendermaßen definiert (5):
T1 | Submukosa
|
T2 | Muscularis propria |
T3 | Perirektales Gewebe: Mesorektum |
T4 | T4a Viszerales Peritoneum T4b Andere Organe/Strukturen
|
N1/2 | N1a 1 regionäre Lymphknotenmetastase N1b 2–3 regionäre Lymphknotenmetastasen N1c Satelliten/Tumorknötchen im Mesorektum N2a 4–6 regionäre Lymphknoten N2b >6 regionäre Lymphknoten
|
M1 | M1a Metastasen auf ein Organ beschränkt (Leber, Lunge, Ovar, nichtregionäre Lymphknoten, keine Peritonealmetastasen) M1b Metastasen in mehr als einem Organ M1c Metastasen im Peritoneum mit/ohne Metastasen in anderen Organen |
Die UICC-Stadien ergeben sich dann wie folgt:
UICC-Stadium | TNM |
0 | Tis (Carcinoma in situ) |
I | Bis T2, N0, M0 |
II |
|
IIA | T3, N0, M0 |
IIB | T4a, N0, M0 |
IIC | T4b, N0, M0 |
III |
|
IIIA | Bis T2, N1, M0 oder T1, N2a, M0 |
IIIB | T3/T4, N1, M0 oder T2/T3, N2a, M0 oder T1/T2, N2b, M0 |
IIIC | T4a, N2a, M0 oder T3/T4a, N2b, M0 oder T4b, N1/N2, M0 |
IV |
|
IVA | Jedes T, jedes N, M1a |
IVB | Jedes T, jedes N, M1b |
IVC | Jedes T, jedes N, M1c |
Therapieplanung
Die Therapie des Kolonkarzinoms leitet sich aus den in der Diagnostik ermittelten TNM- und UICC-Stadien ab (3):
UICC-Stadium | TNM | Therapieempfehlung |
0–I | Tis bis T1 | Endoskopische Resektion |
Weiteres Vorgehen anhand der Histopathologie: | ||
- Low-Risk-Situation (G1/G2) und | ||
- Low-Risk und Inkomplette Resektion: Komplette endoskopische/lokale chirurgische Nachresektion | ||
- High-Risk-Situation (G3/G4): Radikale chirurgische Resektion | ||
Keine adjuvante Chemotherapie | ||
I | T2, N0, M0 | Radikale chirurgische Resektion |
| Keine adjuvante Chemotherapie | |
II | Radikale chirurgische Resektion | |
Adjuvante Chemotherapie individuell erwägen/Patienten differenziert beraten | ||
III | Jedes T, N+, M0 | Radikale chirurgische Resektion |
Adjuvante Chemotherapie | ||
IV | Jedes T, N+, M+ | Individuelles Vorgehen je nach Befund |
Operatives Vorgehen:
Der Fortschritt bei der Behandlung des Kolonkarzinoms in den letzten 30 Jahren ist auf eine zunehmende Individualisierung der Therapie, die konsequente Umsetzung chirurgisch-onkologischer Prinzipien, aggressivere Therapieregime im metastasierten Stadium und den Einsatz minimalinvasiver Operationstechniken zurückzuführen. Standardisierte Behandlungskonzepte in der multimodalen Tumortherapie haben u.a. zu einem Anstieg der durchschnittlichen Fünfjahresüberlebensrate von 65 % auf über 85 % sowie zur Reduktion der lokoregionären Rezidivrate von durchschnittlich über 13 % auf unter 2 % beim nichtmetastasierenden Kolonkarzinom in den Stadien UICC II und III geführt (6).
Im metastasierten Stadium werden bei 20 % der Patienten mittlerweile Fünfjahresüberlebensraten von über 40 % erreicht (7).
Das linksseitige Kolonkarzinom metastasiert über die A. colica media zum Stamm der A, mes. inf. Die Resektion sollte mit ausreichenden Sicherheitsabständen nach oral und nach aboral erfolgen. Nach oral und aboral werden Sicherheitsabstände von mindestens 10 cm empfohlen. Die onkologische Hemikolektomie links umfasst die Entfernung des aboralen Kolon transversum, der linken Flexur, des Kolon descendens, des Kolon sigmoideum bis zum proximalen Rectum. Sie beinhaltet die zentrale Durchtrennung der A. mes. inf. etwa 1 cm nach distal ihres Abgangs aus der Aorta, um die dort befindlichen nervalen Strukturen zu schonen (Plexus mesentericus inferior (Ganglion mesentericum inferius) (Vegetatives Nervensystem) und damit die onkologisch notwendige Entfernung der gesamten Lymphknotenstraße der Arteria mesenterica inferior.
CAVE: Bei mindestens 2 - 4 % der Patienten liegen Lymphknotenmetastasen abgangsnah am Stamm der Arteria mesenterica inferior vor (8, 9).
Bei der Durchtrennung des Mesorektums im oberen Anteil sollte ein „Coning“ (Ausdünnung) vermieden werden.
Die chirurgische Therapie des linksseitigen Kolonkarzinoms sollte die komplette mesokolische Exzision beinhalten (CME). Neben der systematischen Lymphadenektomie zielt auch das Konzept der CME auf eine maximale Reduktion der Anzahl von Lokalrezidiven durch eine Erhöhung der Radikalität und Qualität der Resektion ab. Analog zum Mesorektum existiert in gleicher Weise ein Mesokolon, welches als beidseitige Hülle die Lymphknoten an den versorgenden Arterien beinhaltet und deswegen als anatomische Leitstrukturen zur onkologischen Operation gilt. Die Technik wurde 2009 durch Hohenberger et al. publiziert (10).
Die drei Grundprinzipien der Präparation bei der CME sind die Einhaltung der vorgegebenen anatomischen Schichten bei der Präparation mit Erhalt der beiden mesokolischen Faszien, die zentrale Absetzung der versorgenden Gefäße und eine ausreichende Länge des Präparats. Ziel ist die maximale lokale Radikalität mit maximaler Lymphknotenausbeute. Die CME führt zu qualitativ höherwertigen Präparaten ohne Steigerung der Komplikationsraten (10-12). Die bisherigen Daten deuten zudem auf eine Verbesserung der Überlebensraten bei konsequenter Durchführung der CME hin (10). So zeigen Daten aus Dänemark, Schweden und Deutschland , dass die CME-Technik bei Patienten mit Kolonkarzinom im Stadium UICC I – III mit einem besseren krankheitsfreien Überleben assoziiert ist als die herkömmliche Kolonresektion (12-14).
Hierbei sollten mindestens 12 oder mehr Lymphknoten entfernt und untersucht werden. Obwohl die Studienqualität zur Zahl der Lymphknoten gering ist, gilt jedoch, dass Patienten mit einer größeren Anzahl entfernter und untersuchter Lymphknoten eine verbesserte Prognose im UICC-Stadium II und III aufweisen. Dieser Zusammenhang wurde an 3411 Patienten im Stadium II und III im Rahmen des sog. Intergroup-Trials und in der INTACC-Studie gezeigt (15, 16).
Dabei ist nicht nur die Zahl der Lymphknotenmetastasen relevant, sondern generell die Anzahl der entfernten Lymphknoten. So kann auch bei nodalnegativen Tumoren ein prognostischer Effekt nachgewiesen werden, der mit der Zahl der entfernten bzw. untersuchten Lymphknoten korreliert (17).
Die Zahl der Lymphknoten kann somit als Surrogatmarker für die Behandlungs- und Diagnosequalität sowohl der Chirurgie als auch der Pathologie gelten. Abschließend sollte dann durch den Pathologen eine Kategorisierung des Präparates in Grad 1 (gut, Erhalt der mesokolischen Schicht) über Grad 2 (moderat mit Oberflächeneinrissen) bis Grad 3 (schlecht mit Einrissen bis zur Muscularis propria bzw. bis zum Tumor) vorgenommen werden.
Operative Sonderfälle:
- Bei großen polypösen, insbesondere bei villösen Tumoren und grundsätzlich möglicher Segment- und tubulärer Resektion, bei denen prätherapeutisch eine Karzinomdiagnose nicht gesichert werden konnte, ist eine Dignitätsbeurteilung im Schnellschnitt aus untersuchungstechnischen Gründen (Untersuchung multipler Gewebsblöcke!) häufig nicht möglich. Daher ist hier primär eine onkologische Operation zu erwägen (3).
- Bei Adhärenz des Tumors an umgebenden Strukturen und Nachbarorganen ist intraoperativ makroskopisch in den meisten Fällen nicht sicher zu klären, ob es sich um eine Infiltration des Karzinoms im Sinne einer organüberschreitenden T4-Situation oder nur um eine peritumoröse Entzündungsreaktion handelt. In solchen Fällen sollten intraoperative Gewebeproben und Schnellschnittuntersuchungen strikt vermieden werden, um keine Gefahr einer Tumorzelldissemination einzugehen, die mit einer signifikanten Verschlechterung der Prognose vergesellschaftet ist (18). Daher ist in diesen Fällen eine En bloc-Resektion unter Mitnahme benachbarter Strukturen gerechtfertigt.
- In Fällen, bei denen durch die Bildgebung keine eindeutige diagnostische Zuordnung von unklaren Leberläsionen getroffen werden kann, sollte eine histologische Sicherung erfolgen (3). Hier ist allerdings auch an eine prätherapeutische Sicherung zu denken, um auch ein „liver first“ Konzept verfolgen zu können.
Laparoskopische Chirurgie beim Kolonkarzinom
Mono- und multizentrische RCTs (KOLOR, COST, CLASSIC-Trail) ergaben zwischen laparoskopischen und offenen Techniken in der Kolonkarzinomchirurgie bei entsprechender Expertise des Operateurs keine Unterschiede hinsichtlich chirurgisch-onkologischer Qualitätsindikatoren (R-Status, Lymphknotenanzahl) und den Langzeitergebnissen (Tumorrezidive, Überleben) (19-21).
Als Vorteil der minimal-invasiven Chirurgie konnte im Kurzzeitverlauf eine relativ niedrige perioperative Morbidität bei unveränderter Gesamtmorbidität und Letalität gezeigt werden (22).
Im Langzeitverlauf wurden weder für die Rate an Narbenhernien und adhäsions-bedingten Relaparotomien noch für Tumorrezidive Unterscheide zwischen laparoskopischer und konventioneller Operation gefunden werden (23, 24). Auch die britische CLASSIC-Studie belegt die onkologische Sicherheit der laparoskopischen Chirurgie bei kolorektalen Karzinomen (25).
Nach der aktuellen S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ kann daher eine laparoskopische Resektion des Kolonkarzinoms bei entsprechender Erfahrung des Operateurs in geeigneten Fällen durchgeführt werden (3).
In der Leitlinie wird nicht zu artikulierbaren laparoskopischen Instrumenten Stellung bezogen. Zwischenzeitlich wurden aber einige monzentrische Studien zu den artikulierbaren ArtiSential-Instrumenten im Bereich der kolorectalen Chirurgie publiziert.
Darwich et al. stellten 2022 eine Serie von 17 Patienten mit einer TME bei Rectumkarzinomen publiziert (26).
Die TME, die aufgrund des engen Raums im kleinen Becken hohe Ansprüche an den minimal-invasiven Operateur stellt, wurde in allen Fällen ohne Konversion mittels artikulierbarer ArtiSential Instrumente laparoskopisch beendet trotz eines relativ hohen mittleren BMI von 28. Der mittlere Blutverlust war mit im Mittel 30 Milliliter sehr gering. Es kam zu keiner intraoperativen Komplikation und zudem postoperativ zu keiner Anastomoseninsuffizienz Es wurden im mittel 15 Lymphknoten entfernt. Zudem konnte seitens des Pathologen ein als gut klassifiziertes TME-Präparat konstatiert.
Aus der gleichen Arbeitsgruppe wurde ebenfalls 2022 73 Fälle publiziert, die innerhalb von 18 Monaten eine kolorectale Resektion unter Zuhilfenahme der ArtiSential Instrumente erhielten (27). Dies ist bis dato die größe Serie kolorectaler Resektionen mittels ArtiSential-Instrumenten. Die Ergebnisse untermauern die Ergebnisse der vorangegangenen Publikation. Es zeigt sich zunächst die Machbarkeit der Operationen mittels der artikulierbaren Instrumente für die gesamte laparoskopische kolorectale Chirurgie. Zudem musste auch in dieser Serie in keinem Fall auf eine Laparotomie konvertiert werden. Im Vergleich mit der Literatur zeigen sich sehr gute Ergebnisse hinsichtlich Morbidität und Mortalität.
Auch wenn die vorliegenden Single-Center Ergebnisse als hervorragend zu werten sind, sind perspektivisch und um hier eine ausreichende Evidenzbasis zu generieren vergleichende am besten multizentrische Studien, idealerweise mit einem prospektiv randomisierten Ansatz zu initiieren, die artikulierbare Instrumente mit nicht-artikulierbaren laparoskopischen Instrumenten sowie mit der Robotik vergleichen.
Multimodale Tumortherapie beim nicht-metastasierten Kolonkarzinom
Zahlreiche Studien belegen die Bedeutung der medikamentösen Tumortherapie beim nicht-metastasierten Kolonkarzinom. Eine adjuvante Chemotherapie im UICC-Stadium III geht mit einer signifikanten Prognoseverbesserung von ca. 20 % Gesamtüberleben einher (28). Im Stadium II haben Patienten mit Risikofaktoren (T4-Tumor, Tumorperforation, Notfalleingriffe, Anzahl untersuchter/exstirpierter Lymphknoten < 12) eine wesentlich schlechtere Prognose als Patienten im gleichen Stadium ohne Risikofaktoren und sollten daher ebenfalls eine adjuvante Chemotherapie erhalten (3).
Adjuvante Therapie beim Kolonkarzinom des Kolon descendens
Indikationen
- Eine adjuvante Chemotherapie wird im UICC-Stadium I nicht empfohlen.
- Im UICC-Stadium II handelt es sich um eine sog. „Kann-Situation“, d.h. je nach Risikofaktoren und Mikrosatellitenstatus kann sie durchaus empfohlen werden. Bei Mikrosatelliteninstabilität wird keine adjuvante Chemotherapie empfohlen. Bei Vorliegen von Risikofaktoren sollte die adjuvante Chemotherapie erwogen werden. Zu den ausgewählten Risikosituationen zählen: T4-Tumor, Tumorperforation/- einriss, Operation unter Notfallbedingungen, Anzahl untersuchter Lymphknoten zu gering (<12))
- Im UICC-Stadium III wird die adjuvante Therapie Immer empfohlen.
Voraussetzungen
Voraussetzung für eine adjuvante Therapie ist die R0-Resektion des Primärtumors. Grundlage für die Indikation zur adjuvanten Therapie nach qualitätsgesicherter Tumorresektion ist die pathohistologische Stadienbestimmung, insbesondere die Bestimmung des pN-Status. Zur Festlegung von pN0 sollen 12 oder mehr regionäre Lymphknoten untersucht werden (UICC 2002). Immunzytologische Befunde von isolierten Tumorzellen in Knochenmarkbiopsien oder Lymphknoten sowie zytologische Tumorzellbefunde in Peritonealspülungen sind keine Indikation zur adjuvanten Therapie außerhalb von Studien.
Kontraindikationen
- Schlechter Allgemeinzustand (ECOG >2),
- schwere Infektion
- eingeschränkte Lebenserwartung durch Komorbiditäten
- Leberzirrhose im Stadium Child B oder C
- Schwere KHK oder Herzinsuffizienz (NYHA III und IV)
- Fortgeschrittene Niereninsuffizienz ((prä-)terminal)
- Blutbildungsstörungen, eingeschränkte Knochenmarksfunktion
- Unvermögen, an regelmäßigen Kontrolluntersuchungen teilzunehmen
Therapiemodalitäten
- Beginn: Postoperativ baldmöglichst
- In den randomisierten Studien wurde die adjuvante Chemotherapie innerhalb von 8 Wochen eingeleitet.
Bemerkung: RCTs, um den idealen Zeitpunkt zu bestimmen existieren nicht. In einer retrospektiven Analyse von Kohortenstudien wurde eine inverse Korrelation zwischen dem Zeitpunkt des Beginns einer adjuvanten Chemotherapie und dem Überleben berechnet (29). Dies wurde auch in einer anderen retrospektiven Analyse von Kohortenstudien (30) und in einer retrospektiven Registeranalyse bestätigt (30, 31).
- Dauer: 3–6 Monate, je nach Risiko-Nutzen-Abwägung
- UICC-Stadium II: Monotherapie mit Fluoropyrimidinen
- UICC-Stadium III: Kombitherapie mit Oxaliplatin
- FOLFOX: Folinsäure + 5-FU in Kombination mit Oxaliplatin
- XELOX (CAPOX®): Capecitabin + Oxaliplatin
- Bei Patienten >70 Jahre sollte keine Therapie mit Oxaliplatin erfolgen
- Bei Kontraindikationen gegen Oxaliplatin sollte eine Monotherapie mit Fluoropyrimidinen erfolgen
Bemerkung: Alleine aus Altersgründen sollte eine adjuvante Chemotherapie nicht unterlassen werden. Bei Patienten über 75 Jahre gibt es jedoch keine ausreichende Evidenz für die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie.
Neoadjuvante Chemotherapie beim Kolonkarzinom
Die Rolle der neoadjuvanten Chemotherapie bei der Behandlung lokal fortgeschrittener nicht-metastasierter Kolonkarzinome wurde in den letzten Jahren untersucht. Eine randomisierte Studie aus Großbritannien zeigte, dass die kombinierte neoadjuvante/adjuvante Chemotherapie (Oxaliplatin, Folinsäure und 5-FU) vs. ausschließlich adjuvante Chemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Kolonkarzinomen eine geringere Rate an R1-Resektionen und ein signifikantes Downstaging zur Folge hatte. Eine Tumorprogression unter der laufenden neoadjuvanten Chemotherapie konnte nicht beobachtet werden [2, 12]. Studien haben gezeigt, dass die Computertomographie geeignet ist, lokal fortgeschrittene Kolonkarzinome hinsichtlich der T-Kategorie zu identifizieren und somit für eine neoadjuvante Chemotherapie zu selektieren bzw. das Ansprechen auf die Chemotherapie präoperativ abzuschätzen [1, 20]. Onkologische Langzeitergebnisse stehen allerdings noch aus und in den Leitlinien wird sie gegenwärtig nicht empfohlen.
Multiviszerale Resektion
Bei Adhärenz eines Tumors an Nachbarorganen ist makroskopisch durch den Operateur nicht sicher zu klären, ob es sich um eine Infiltration des Karzinoms in das Nachbarorgan oder nur um eine peritumoröse Entzündungsreaktion handelt. In solchen Fällen sollten Biopsien und Schnellschnittuntersuchungen strikt vermieden werden, da hierbei stets die Gefahr einer örtlichen Tumorzellverschleppung besteht. Diese ist stets mit einer signifikanten Prognoseverschlechterung vergesellschaftet. Daher wird - wenn technisch machbar - eine En-Bloc-Resektion des Tumors mit den infiltrierten Strukturen empfohlen (Multiviszerale Resektion). Im Falle des Rektumkarzinoms kann hierbei beispielsweise eine komplette Beckenenteration erforderlich werden.
Metastasierte Situation
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung liegen bei etwa 25% der Patienten distante Filiae vor. Das primär betroffene Organ von Fernmetastasen beim linksseitigen Kolonkarzinom ist die Leber. Sekundär metastasiert das Kolonkarzinom dann in die Lunge. In der metastasierten Situation liegt grundsätzlich eine deutliche Reduktion der Fünfjahresüberlebensrate vor.
Liegen Fernmetastasen vor ist zu klären, ob ein rein palliatives Konzept einzuschlagen ist, oder ob durch eine primäre oder sekundäre Resektion von Metastasen (v.a. Lebermetastasen) eine Heilung möglich ist. Mit einer gehäuften Vorstellung von Patienten im Stadium UICC IV in der Tumorkonferenz nahm die Rate an Metastasenchirurgie zu (32).
In den letzten Jahren konnte die Prognose auch im Stadium IV durch sowohl ein radikaleres chirurgisches Handeln als auch die medikamentöse Tumortherapie (Kombination von Zweifachtherapie und Antikörpern) deutlich verbessert werden, so dass sich mit einer Fünfjahresüberlebensrate von bis zu 50 % die Prognose für ca. 20 % der metastasierten Patienten erheblich steigern ließ (33).
In der Literatur werden durch die Anwendung verschiedener Chemotherapieprotokolle Ansprechraten bis zu 60 % und eine R0-Resektionsrate von bis zu 15 % erreicht (34).
Es sollte grundsätzlich hierbei zwischen Patienten mit synchroner und metachroner Metastasierung unterschieden werden (35-37). Die synchrone muss hierbei im Vergleich zur metachronen Metastasierung als prognostisch ungünstiger betrachtet werden. Ausserdem fehlen hier die Informationen zur Krankheitsdynamik. Der Nutzen einer primären Resektion ist daher in dieser Patientengruppe unsicherer als bei Patienten mit metachroner Metastasierung. Weitere prognostische Faktoren, die bei der Entscheidungsfindung hinzugezogen werden können, sind u.a. die Zahl der metastatischen Läsionen, das Vorliegen einer extrahepatischen Metastasierung (38).
Die simultane Resektion von Lebermetastasen beeinflusst wahrscheinlich das Langzeitüberleben im Vergleich zu einem zweizeitigen Vorgehen bei geeigneter Selektion der Patienten nicht.
Patienten mit hepatischer Filialisierung sollten nach leitliniengerechtem Staging im interdisziplinären Tumorboard eines Leberzentrums vorgestellt werden, um hier über das grundsätzliche Konzept kurativ, potentiell kurativ bzw. palliativ zu entscheiden.
Die Beurteilung soll durch ein Tumorboard unter Beteiligung eines in der Metastasenchirurgie erfahrenen Chirurgen erfolgen. Im Falle einer ausgedehnten hepatischen Filialisierung im Stadium IV und einem asymptomatischen Primärtumor ohne Stenose und ohne Blutung kann auch ohne Resektion des Primarius eine Chemotherapie begonnen werden („Chemo first“) (3).
Im Rahmen des Restagings nach initialer leberspezifischer Chemotherapie sollte dann eine Reevaluierung des initialen Konzepts durchgeführt werden. Auch können hier operativ neben einzeitigen atypischen und anatomischen Resektion auch zweizeitige Konzepte unter Einbeziehung von Hypertrophieverfahren (ALPPS, Portalvenenligatur, Hepatische Venenokklusion) zur Anwendung kommen, die so nur in Zentren durchgeführt werden.
Patienten in gutem Allgemeinzustand können einer intensiven Behandlung, d.h. einer Operation oder Chemotherapie zugeführt werden. Bei resektablen Tumormanifestationen und günstiger Risikokonstellation soll primär die Metastasenresektion nach leberspezifischer Chemotherapie angestrebt werden („liver first approach“ bzw. „Chemo first approach“). Diejenigen Patienten, für die primär keine chirurgische Interventionsmöglichkeit besteht, sollten eine möglichst effektive systemische Chemotherapie erhalten. Als primäres Therapieziel wird die maximale Tumorreduktion angestrebt. Die Wahl des Chemotherapieregimes hängt entscheidend von dem molekularpathologischen Profil des Tumors ab. Bei Patienten mit RAS-Wildtyp Tumoren kommt als weitere Entscheidungsgrundlage die Lokalisation des Primärtumors hinzu.
Die simultane Lebermetastasenresektion kann jedoch bei entsprechender Komorbidität bzw. einem höheren Lebensalter (>70a) zu einer höheren Letalität führen. Insbesondere bei multiplen synchronen Lebermetastasen sollte ein zweizeitiges und multimodales Vorgehen gewählt werden (3).
Peritonealkarzinose
Liegt bei einem Kolonkarzinom eine isolierte und limitierte Peritonealkarzinose vor, kann die Indikation zur zytoreduktiven Chirurgie, gefolgt von einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC), überprüft werden. Durch den Einsatz dieser Kombinationstherapie konnte ein signifikanter Überlebensvorteil im Sinne einer Verlängerung des medianen Überlebens von 12,6 auf 22,3 Monate gezeigt werden (39).
Zur Bestimmung des Ausmaßes der Peritonealkarzinose dient der Peritoneal Cancer Index (PCI). Folge Voraussetzungen sollten erfüllt sein:
- PCI<20
- Keine extraabdominellen Metastasen
- Möglichkeit der makroskopischen Resektion bzw. Destruktion aller Tumormanifestationen
Liegt der PCI-Wert bei Patienten ohne zusätzliche extraabdominelle Metastasen bei unter 20, kann – sofern eine R0-Resektion möglich ist – in spezialisierten Zentren die operative Zytoreduktion mit HIPEC durchgeführt werden. Hierbei sollte die Durchführung im Rahmen von Studien bevorzugt werden (3).
Perioperatives Konzept
Das ERAS-Konzept („enhanced recovery after surgery“) der multimodalen postoperativen Rehabilitation in der gastrointestinalen Chirurgie wird hierzulande in den meisten Kliniken in teils modifizierter Form umgesetzt. Ziel des Konzepts ist, die durch den operativen Eingriff ausgelösten pathophysiologischen Veränderungen wie Abgeschlagenheit, Darmatonie und Insulinresistenz zügig in den Griff zu bekommen. Zu dem Konzept gehören u. a. die frühzeitige Entfernung von gastralen Sonden und intrabdominellen Drainagen, der frühzeitige orale Kostaufbau, Stimulation der Darmmotilität, suffiziente Analgesie (epi-/peridural) und die frühzeitige Mobilisation. In zahlreichen Studien konnte belegt werden, das mithilfe des ERAS-Konzepts eine deutliche Verkürzung von Liegedauer, eine Reduktion der perioperativen Morbidität und eine Beschleunigung der Rekonvaleszenz erzielt werden kann (40, 41).