Einleitung
Die menschliche Echinokokkose ist eine Zoonose, die durch Larvenformen von Echinokokkus-Bandwürmern verursacht wird, die im Dünndarm von Fleischfressern vorkommen. Zwei Arten (E. granulosus und E. multilocularis) sind von medizinischer Bedeutung, die beim Menschen die zystische Echinokokkose (CE) bzw. alveoläre Echinokokkose (AE) verursachen.
Die alveoläre Echinokokkose gilt als gefährlichste Parasitose Europas, während die zystische Echinokokkose wesentlich milder verläuft. Da das Wachstumsverhalten der beiden Erkrankungen im Menschen völlig unterschiedlich ist, resultieren zwei unterschiedliche Krankheitsbilder. Das Erscheinungsbild der AE entspricht dem eines Malignoms, während der CE Herd durch die glatt begrenzte Perizyste benigne imponiert.
Als zystische Echinokokkose (CE) wird laut WHO die durch das Larvenstadium des Echinococcus granulosus (Hundebandwurm) verursachte Erkrankung bezeichnet. Der eigentliche Bandwurm lebt im Darm des Endwirtes (Hundes) und produziert Eier, die mit dem Kot ausgeschieden werden. Die Eier werden vom Zwischen-/Fehlwirt (Mensch oder Tier) verschluckt. Im Darm schlüpfen aus den Eiern Larven (Onkosphären). Diese Parasitenlarven durchbohren den Darm und gelangen über das Pfortadersystem in die Leber oder auch in andere Organe, wo sie sich in ihr zweites Larvenstadium (Metazestoden) umwandeln und zu Zysten (Hydatiden) heranreifen. In der Zyste entstehen Brutkapseln, in denen sich Protoskolizes (Kopfanlagen der späteren Bandwürmer) entwickeln. Diese Protoskolizes können zu adulten Bandwürmern heranwachsen, wenn larvenhaltige Organe von einem Endwirt verzehrt werden. Menschen infizieren sich meist durch versehentliche Aufnahme von Erde, Wasser oder Nahrung, die mit Echinokokkus-Eiern aus Hundekot kontaminiert sind.
Von der zystischen Echinokokkose sind alle Altersgruppen betroffen, auch Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Der klinische Verlauf ist sehr variabel und hängt von der Lokalisation der Zysten, ihrer Größe und der Wirtsreaktion ab. Das Krankheitsbild ist durch langsam größer werdende Zysten (insbesondere in Leber und Lunge) gekennzeichnet, die über Jahre symptomlos bleiben können und erst durch ihre raumfordernde Wirkung, sekundäre bakterielle Infektion der Zysten, zystobiliäre bzw. zystobronchiale Fisteln oder anaphylaktische Reaktionen nach Ruptur symptomatisch werden. Bei den meisten Patienten ist nur ein Organ betroffen. Am häufigsten finden sich Zysten der Leber (70%) und der Lunge (20%).
Epidemiologie
Die zystische Echinokokkose (CE) ist weltweit verbreitet. Eine besonders hohe Prävalenz findet sich in Regionen Südamerikas, der Mittelmeerküste, Osteuropas, des Nahen und Mittleren Ostens, Ostafrikas, Zentralasiens, Chinas und Russlands.
Bei den in Deutschland diagnostizierten Krankheitsfällen handelt es sich fast ausschließlich um Patienten aus o.g. Endemiegebieten.
In den Endemiegebieten werden Hunde häufig mit Eingeweiden von geschlachteten Tieren gefüttert. Larvenhaltigen Innereien bewirken, dass sich nach ihrem Verzehr adulte Bandwürmer beim Hauptendwirt entwickeln.
Ansteckungsfähigkeit
Infektionsgefahr besteht vor allem in Hochendemiegebieten dort, wo unter schlechten hygienischen Bedingungen enge Kontakte mit dem Hauptwirt (Hund) bestehen. Eine Ansteckungsfähigkeit von Mensch zu Mensch besteht nicht. Operationsmaterial ist nicht infektiös.
Morphologie
Die Zyste selbst besteht aus der Perizyste (periparasitäre entzündliche Reaktion des Wirtsgewebes mit Ausbildung einer Bindegewebskapsel) und der Endozyste, dem eigentlichen parasiteneigenen Zystenbestandteil. Dabei besteht die Endozyste aus einer äußeren azellulären und einer inneren germinativen Schicht, an der sich Brutkapseln mit Protoskolizes (Kopfanlagen der späteren adulten Würmer), den sog. Häkchen bilden.
Zystenklassifikation
Seit 2003 besteht eine standardisierte Ultraschall Klassifikation laut WHO-IWGE (World Health Organization Informal Working Group on Echinococcosis), die auf einer Unterteilung der Zysten aufgrund ihrer sonographischen Morphologie in aktiv – Übergang - inaktiv basiert.
In dieser Klassifikation werden 6 Zystenstadien 3 klinischen Gruppen zugeordnet, wobei das Stadium CL eine undifferenzierte „zystische Läsion“ beinhaltet, deren parasitische Natur noch nicht endgültig einzuschätzen ist.
Gruppe 1: Die aktive Gruppe umschließt unilokuläre Zysten (CE1) oder Zysten mit multiplen Tochterzysten (CE2).
Gruppe 2: Die Übergangsgruppe umfasst Zysten mit losgelöster Endozystenmembran (“water-lily” sign) (CE3a) und verfestigte Zysten mit Tochterzysten (CE3b). Dabei kann CE3a solidieren und „inaktiv" werden oder Tochtervesikel bilden und in ein Stadium CE2 übergehen.
Gruppe 3: Die „inaktive” Gruppe zeigt Involution mit Verfestigung des Zysteninhalts und zunehmende Kalzifizierung und wird in den meisten Fällen als avital bewertet.
Zusammenfassend stellen CE1 und CE2 aktive Zysten dar, CE3 ist ein Übergangsstadium, wobei CE3b Zysten als biologisch aktiv gelten. CE4 und CE5 sind späte inaktive Zystenstadien.
Therapie
Es gibt keine Standardtherapieempfehlung für die Behandlung der zystischen Echinokokkose. Prinzipiell sind Remissionen ohne Therapie häufig zu beobachten und zeigen die Gutartigkeit dieser Erkrankung, solange keine der unten aufgeführten Risikokonstellationen vorliegen.
Die Therapie der CE (zystischen Echinokokkose) erfolgt in Abhängigkeit vom Zystenstadium und ist damit abhängig von der Morphologie und Vitalitätsbeurteilung. Prinzipiell ist bei allen Stadien eine operative Entfernung möglich. Allerdings besteht dabei die Gefahr einer Übertherapie.
Aufgrund der fraglichen Inaktivität wird empfohlen, Läsionen im Stadium CE4 und CE5 zu beobachten. In diesen Stadien wird die Läsion bildgebend und serologisch kontrolliert. Bei Titeranstieg oder Größenzunahme kann die operative Entfernung indiziert sein.
In allen anderen Stadien kann bei Läsionen bis ca. 5 cm ein konservativer Therapieversuch mit den Benzimidazolen Albendazol oder Mebendazol für 3 bis 6 Monate durchgeführt werden, mit der Chance auf Abheilung in 60–70%.
Bei transhepatisch punktierbaren Zysten im Stadium CE1 oder CE3a, welche kleiner als 10 cm sind, ist die Punktion, Aspiration, Instillation und Reaspiration (sog. PAIR) eine Erfolg versprechende und komplikationsarme Alternative zur Operation, da die Binnenbeschaffenheit dieser Zysten praktisch flüssig ist. Hierbei wird die Zyste perkutan oder operativ (offen oder laparoskopisch) punktiert und abgesaugt. Danach wird eine anthelminthische bzw. protoskolizide Substanz instilliert und diese Flüssigkeit nach ausreichender Einwirkzeit wieder abgesaugt. Die Prozedur erfolgt unter Albendazol Schutz zur Vermeidung einer sekundären Echinkokkose.
Dabei ist zu beachten, dass bei Zysten ab einer Größe von 7-8 cm das Risiko für eine zystobiliäre Fistel steigt (bis zu 80%). Da hypertones NaCl (20%) oder Ethanol (95%), die beiden gebräuchlichsten protoskoliziden Substanzen, eine toxische Cholangitis auslösen können, muss eine zystobiliäre Fistel zweifelsfrei mittels Bilirubinbestimmung in der Zystenflüssigkeit und/oder antegrader Kontrastmitteldarstellung ausgeschlossen werden.
Die chirurgische Behandlung ist Therapie der ersten Wahl bei
- Zysten > 10 cm
- Zysten im Stadium CE2 und CE3b mit multiplen Tochterzysten, da die Zystenbinnenbeschaffenheit für eine PAIR nicht geeignet ist.
- Zysten, die mit den Gallenwegen in Verbindung stehen.
- Zysten, die Organe oder Gefäße komprimieren.
- Zysten mit dem Risiko einer Ruptur (traumatisch oder spontan) oder schon rupturierte Zysten.
- Zysten, die eine oberflächliche Lokalisation aufzeigen, sollte keine rein konservative Therapie erhalten, da die Wand der Zyste durch die Behandlung ausgedünnt wird und dies ein erhöhtes Risiko für eine Ruptur der Zyste darstellt, wodurch es zu einer sekundären Echinokokkose kommen kann.
- Superinfizierten Zysten, wenn eine perkutane Behandlung nicht möglich ist.
Im demonstrierten Fall bestanden drei große Echinkokkenzysten der Leber im Stadium CE3b, eine im linken und die beiden anderen, unter einander kommunizierend, im rechten Leberlappen. Die Endozystektomie zielt darauf ab, die gesamte Endozyste mit Tochterzysten aus der Zystenhöhle zu entfernen. In der Umgebung der Zysten finden sich typischerweise massive Verklebungen zur Umgebung.