Milzerhaltende Pankreaslinksresektion:
Als Pankreaslinksresektion ist die Extirpation des Pankreasschwanzes links der Arteria mesenterica superior definiert (1). Hierbei existieren grundsätzlich eine onkologische Variante mit kompletter Lymphadenektomie und Splenektomie und eine milzerhaltende Variante, die erstmals 1943 beschrieben wurde (1).
Gründe für den Milzerhalt liegen in den potentiell negativen Konsequenzen einer Milzextirpation wie der Gefahr schwerwiegender Infektionen (OPSI-Syndrom=overwhelming postsplenectomy infection) und einer generell erhöhten postoperativen Morbidität (2).
Klassische Indikationen für eine mögliche milzerhaltende Pankreaslinksresektion sind grundsätzlich Raumforderungen des Pankreasschwanzes, die nicht als primäre Karziome des Pankreaszu werten sind. Dazu zählen Befunde wie benigne zystische Raumforderungen des Pankreasschwanzes mit Entartungspotential, fokale chronische pankreasschwanzbezogene Pankreatitiden, Metastasen anderer Malignome (z.B. Nierenzellkarzinom, theoretisch Traumata des Pankreasschwanzes mit Gangverletzungen oder konservativ nicht beherrschbarer Blutung und neuroendokrine Tumoren gemäß den ENETS-Guidelines (3). Neben den primären Pankreasmalignomen bzw. malignitätssuspekten Raumforderungen sind als weitere Kontraindikationen für einen Milzerhalt die lokale Tumorausdehnung oder auch eine Splenomegalie sowie eine Ausdehnung einer Entzündung bis zum Milzhilus zu nennen (4). Grundsätzlich gegen ein operatives Vorgehen mit oder ohne Milzerhalt sprechen eine zentrale Gefäßinvasion maligner Prozesse, eine Pfortaderthrombose mit massiven venösen Kollateralen, eine floride Pankreatitis, eine fortgeschrittene Leberzirrhose oder auch eine Narkoseunfähigkeit aufgrund schwerster kardiovasculärer Risikofaktoren. Patienten mit einem ECOG-Performance-Status ≥ 2 heben eine schlechtere Prognose haben.
Bezüglich der Durchführung des Milzerhalts ergab eine DRG-Statistik der Jahre 2009-2013 eine nahezu 50:50 Verteilung zwischen milzresezierenden und milzerhaltenden Eingriffen (5).
Zentralisierung und Mindestmengen der Pankreaschirurgie
In High-volume-Zentren für Pankreaschirurgie kann die postoperative Mortalität gesenkt und das Überleben erhöht werden [42, 43, 44]. Vor diesem Hintergrund werden nach Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland die Mindestmengen für komplexe Pankreaseingriffe ab 2024 von aktuell 10 bis auf 20 Resektionen pro Jahr angehoben.
Minimalinvasive/robotisch-assistierte Pankreaslinksresektion
Laparoskopische Techniken und Robotik beim Pankreaskarzinom müsssen in Bezug auf Pankreaslinks- und Pankreaskopfresektionen differenziert betrachtet werden. Der Anteil der minimalinvasiven Pankreaslinksresektionen war mit ca. 5 % in der Arbeit von Nimptsch aus dem Jahr 2016 noch sehr gering (5).
Aktuell liegen keine Daten zum Anteil der in Deutschland durchgeführten roboterassistierten Pankreaslinksresektionen mit Milzerhalt vor. Die Robotik hat sich aber in den letzten Jahren auch in der Pankreaschirurgie zunehmend etabliert. So ist gegenwärtig durch die technischen Vorteile der Robotik mit einer deutlich höheren und vor allem ansteigenden Rate minimalinvasiver Pankreaslinksresektionen zu rechnen.
Während die robotisch-assistierte Pankreatikoduodenektomie als technisch hoch anspruchsvoll zu werten ist und eine lange Lernkurve erforderlich, ist die Linksresektion durch Fehlen jedweder Anastomosen technisch deutlich einfacher (6).
So eignet sich die Pankreaslinksresektion an Pankreaszentren mit laparoskopischer Vorerfahrung während der Implementierungsphase eines Robotikprogramms aufgrund seiner Besonderheiten als idealer „Einstieg“ in die robotische Chirurgie. Schließlich erfolgt eine isolierte Resektion ohne Rekonstruktion. Zu Beginn sind vor allem als unkompliziert unzusehende Eingriffe an benignen Befunden zu empfehlen. Nach den ersten Erfolgen kann das Spektrum dann hin zu malignen Tumoren und Resektionen bei Pankreatitis erweitert werden. Auch erweiterte Pankreaslinksresektionen mit Gefäßrekonstruktionen, sowie multiviszerale Resektionen mit Pankreaslinksresektionen sind an Zentren mit großer robotischer und pankreaschirurgischer Erfahrung robotisch-assistiert möglich. Selbstverständlich erfordert dies stets eine präoperative Risiko-Nutzen-Abwägung, die ebenso zu Gunsten eines primär offenen Vorgehens ausfallen kann.
Für die laparoskopische Pankreaslinksresektion zeigte die patientenverblindete randomisiert-kontrollierte LEOPARD-Studie aus den Niederlanden eine raschere funktionelle Rekonvaleszenz, einen geringeren Blutverlust (7). Während die Gesamtkomplikationsraten keinen signifikanten Unterschied zeigten ergab die Detailanalyse einige erwähnenswerte spezifischen Unterschiede wie ein relatives Risiko für eine postoperative Pankreasfistel von 1,72 in der minimalinvasiven Gruppe (7).
In der kombinierten Analyse der LEOPARD- und LAPOPS-Studie wurden die Daten der Nicht-Inferiorität des minimalinvasiven Vorgehens bestätigt (8).
Auf der Basis des DGAV-Registers StuDoQ|Pankreas wurde ein Propensity-Score-Analyse durchgeführt, in der sich zeigte, dass das minimalinvasive Vorgehen im Vergleich zum offenen Verfahren die Rate an milzerhaltend durchgeführten Eingriffen erhöht und die Krankenhausverweildauer verkürzt während es die Operationszeit verlängert und die Rate an Wiederaufnahmen steigert (9).
Die Vorteile der offenen Operation im Vergleich zur minimalinvasiven Pankreaslinksresektion sind in der einfacheren Beherrschung intraoperativer Komplikationen wie zum Beispiel Gefäßverletzungen, die bessere Abschätzung des Resektionsausmaßes mittels Palpation und grundsätzlich eher kürzere Eingriffszeiten zu sehen (10).
Wenn man die robotisch-assistierte Pankreaslinksresektion isoliert betrachtet, besteht die Datenlage aus monozentrischen und meist retrospektiven Studien zu Durchführbarkeit und perioperativen Ergebnissen.Einige retrospektive Arbeiten mit kleinen Fallzahlen aus den letzten Jahren vergleichen die Ergebnisse der robotisch-assistierten mit denen der laparoskopischen oder der offenen Chirurgie bei der Pankreaslinksresektion (11, 12, 13, 14, 15, 16, 17) robotisch und offen (18, 19) sowie alle drei Vorgehensweisen (20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27)
Hierbei konnten stets einige Vorteile der Robotik gezeigt werden. So konnten Weng et al. in einer Propensity-Score-matching-Analyse zeigen, dass die Robotik in der Lage ist, die Vorteile der laparoskopischen Chirurgie zu reproduzieren (26).
Morelli et al. erhöhte das robotisch-assistierte Vorgehen die Rate an milzerhaltend durchgeführten Operationen bei benignen Pankreaszysten im Vergleich zum offenen Vorgehen (27).
Auch im Vergleich zur Laparoskopie wäre hinsichtlich der Robotik aufgrund der verbesserten Ergonomie und Visualisierung durch den Telemanipulator ein naheliegender möglicher Vorteil eine höhere Rate an milzerhaltenden Operationen bei benignen Raumforderungen.Dieses Ergebnis kann tatsächlich durch einzelne Arbeiten erbracht werden (28,29, 30)
Allerdings ist hier die Datenlage nicht eindeutig. Eine prospektiv nichtrandomisierte monozentrischen Studie konnte diesen möglichen Vorteil nicht bestätigen (12).
Eine retrospektive Analyse des Nationalen Krebsregisters des American College of Surgeons ergab, dass das robotisch-assistierte Vorgehen im Vergleich zum offenen Verfahren mit einer niedrigeren 90-Tage-Mortalität und weniger verlängerten Krankenhausaufenthalten assoziiert ist (31).
Zwei Metaanalysen aus den letzten Jahren fassen die Ergebnisse der monozentrischen Beobachtungsstudien zusammen (32, 33).
Die Metaanalyse von Memeo fasst 9 Studien zusammen, hierbei waren vier dieser Studien vergleichend und stellen das laparoskopische dem robotisch-assistierten Vorgehen gegenüber. Abschließend konnte zwischen der laparoskopischen und robotischen Pankreaslinksresektion kein Unterschied in Bezug auf die perioperativen Ergebnisse festgestellt werden (32). Es wird aber davon ausgegangen, dass es Unterschiede geben wird, sobald die Zentren ihre Lernkurven durchlaufen haben.
Die 2019 von Niu et al. publizierte Metanalyse hingegen fasst die Ergebnisse von 17 Studien mit 2133 Patienten in Hinblick auf alle drei Verfahren (robotisch-assistiert, laparoskopisch und offen) zusammen (33). Abschließend zeigten hinsichtlich der schweren perioperativen Komplikationen, der postoperative Fistelrate und der intraoperative Blutverlust keine signifikanten Unterschiede zwischen den Verfahren. Im Vergleich zur Laparoskopie zeigte sich bei der Robotik eine längere Operationszeit, aber eine kürze stationäre Aufenthaltsdauer und eine höhere Rate an milzerhaltenden Eingriffen. Im Vergleich zum offenen Vorgehen wartete die Robotik mit einem kürzen stationären Aufenthalt und einer niedrigeren Gesamtkomplikationsrate auf.
Die Pankreaslinksresektion mit Splenektomie bei malignen Raumforderungen wurde hinsichtlich des onkologischen Outcomes durch Raoof et al. im Rahmen einer amerikanischen Registerstudie untersucht (34). Nach einer medianen Nachbeobachtung von 25 Monaten zeigte sich in der robotischen Gruppe (n=99) ein ebenso gutes onkologisches Outcome wie in der laparoskopischen Vergleichsgruppe (n=605) (34).
Eine Meta-Analyse von Zhao et al. verglich die robotisch-assistierte Pankreaschirurgie mit der offenen Pankreaschirurgie (35).
Sie inkludiert 15 Studien, wobei keine RCT inkludiert werden konnte und kommt auf der Basis der aktuellen Studienlage zu dem Schluss, dass die robotische Pankreaslinksresektion im Vergleich zur offenen mit weniger Bluttransfusionen, weniger entnommenen Lymphknoten, weniger Komplikationen und einem kürzeren Krankenhausaufenthalt verbunden ist. Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf die Rate der Milzerhaltung, dem positiven Resektionsrand
der Pankreasfistelinzidenz und der Sterblichkeit. Sie kommt zu dem Schluss, dass die robotergestützte Chirurgie ist im Hinblick auf die perioperativen Ergebnisse eine sichere und praktikable Alternative zur offenen Pabkreaschirurgie ist, dass die Evidenz allerdings . aufgrund des Mangels an hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien noch recht begrenzt ist.
Zusammenfassung
Vor- und Nachteile, die sich in den Studien zeigen können wie folgt zusammengefasst werden:
Robotik führte bisher im Vergleich zu Laparoskopie und offenen Operationen zu längeren Operationszeiten und höheren Kosten. Im Vergleich zu offenen Operationen zeige sowohl Robotik als auch Laparoskopie einen geringeren Blutverlust, die Patienten erholen sich schneller und können schneller entlassen werden. Unterschiede hinsichtlich schwerer intra- und postoperativer Komplikationen ergeben sich zwischen den Verfahren in der Gesamtheit der Studien keine signifikanten. Abhängig vom jeweiligen Studiendesgin und den Studienendpunkten ergeben sich gelegentlich Unterschiede wie beispielsweise eine höhere Rate an Milzerhalt der Robotik im Vergleich zur Laparoskopie in einzelnen Studien.
Darüber hinaus lässt die aktuelle Evidenzlage letztlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt (2022) keine abschließende Bewertung und eine eindeutige Favorisierung eines Vorgehens zu weder beim Vergleich laparoskopisch vs. offen noch beim Vergleich der Robotik mit den anderen Verfahren. Insbesondere zum robotisch-assistierten Vorgehen fehlen hierzu noch randomisiert-kontrollierte Studien (z. B. Non-Inferioritätsstudien).