Revaskularisation kruropedaler Arterien
Die Komplikationsrate nach operativen Eingriffen an den infrapoplitealen Arterien ist trotz ausreichender Expertise deutlich höher als nach Rekonstruktionen proximal gelegener Gefäßabschnitte (Becken- und Oberschenkeletage), weshalb sie nahezu ausschließlich im Stadium der chronisch kritischen Extremitätenischämie (CLI, critical limb ischaemia) durchgeführt werden. Die CLI stellt den Endpunkt der AVK dar und ist durch eine drohende Amputation der betroffenen Extremität gekennzeichnet. Bypassmaterial der ersten Wahl ist die Vena saphena magna (VSM).
Autologe Bypassverfahren
Nach femorokruralen Bypässen unter Verwendung autologer Venen werden Offenheitsraten von bis zu 82 % und Beinerhaltungsraten von 80 % nach 5 Jahren erreicht [1-4]. Bevorzugtes autologes Bypassmaterial ist die VSM. Bei fehlender VSM stellen Armvenen oder die V. femoralis Alternativen dar. Aus mehreren Segmenten zusammengesetzte autologe Bypässe haben längerfristig schlechtere Ergebnisse als aus einem Segment bestehende VSM-Bypässe. Allerdings sind sie bei der CLI infrapoliteal besser geeignet als alloplastische Prothesenbypässe [5, 6].
Langstreckige Kombinationsverschlüsse von Ober- und Unterschenkelarterien sollten mit einem kniegelenksüberschreitenden Bypass (femorokrural) rekonstruiert werden. Conte et al. berichteten in einer randomisierten Multizenterstudie bei CLI-Patienten mit überwiegend kruralem Anschluss von primären/sekundären Offenheitsraten von 61 bzw. 80 % nach einem Jahr bei einer Beinerhaltungsrate von 88 % und einem Überleben von 84 % [7]. Weis-Müller et al. haben 624 Patienten nach infrainguinalem kruralem (57 %) und pedalem (43 %) Bypass bei CLI retrospektiv über 10 Jahre verfolgt [8]. Die Beinerhaltungsrate, die weder durch Alter, Geschlecht oder Komorbiditäten (Diabetes, KHK oder Niereninsuffizienz) beeinflusst wurde, lag bei 66,4 %. Allerdings betrug die Mortalität nach 30 Tagen 5 %, nach 5 Jahren 52,7 %.
Alternative oder alloplastische Bypassverfahren
Alternative allogene Bypassverfahren erfolgen mittels kryokonservierter arterieller oder venöser Allografts, die jedoch schlechte Langzeitergebnisse zeigen. Chang et al. berichten von einer primären Offenheitsrate von 27 % nach einem Jahr bzw. 17 % nach drei Jahren. Die Beinerhaltungsrate nach einem bzw. drei Jahren lag bei 43 bzw. 23 % [9].
Steht keine Vene als Bypassmaterial zur Verfügung, kommen Kunststoffprothesen in Betracht. Durch die Rekonstruktion mittels Composite-Grafts konnte eine sekundäre Offenheitsrate von bis zu 61 % nach vier Jahren erreicht werden. Die primäre/sekundäre Offenheitsrate von PTFE-Bypässen beträgt nach fünf Jahren 31 bzw. 40 % bei einer Beinerhaltungsrate von 56 %. Einzelne Studien berichten im Gegensatz zur alleinigen Verwendung von PTFE infragenual über Offenheitsraten von bis zu 55 % nach 48 Monaten und einer Beinerhaltungsrate von 67,5 % [10-12].
Bei femorokruralem Bypass mittels Heparin-beschichteten PTFE-Prothesen konnten primäre/sekundäre Offenheitsraten von 49,7 % bzw. 71,5 % nach fünf Jahren erreicht werden [13]. Die Beinerhaltungsrate im gleichen Zeitraum betrug 84 %. Andere Autoren berichten über ähnliche Ergebnisse [14, 15].
Vergleich alloplastische und autologe Rekonstruktionsverfahren
Uhl et al. berichteten retrospektiv über 198 Unterschenkelbypässe. Wenn immer möglich, wurden autologe Venen für die Rekonstruktion verwendet (109 Patienten), ansonsten Heparin-beschichtete PTFE-Prothesen (89 Patienten). Die 3-Jahres-Ergebnisse belegen, dass Venen das Bypassmaterial erster Wahl sind: primäre Offenheit Vene 68,2 %/PTFE 34,1%, sekundäre Offenheit Vene 69,8%/PTFE 35,5 %. Die Beinerhaltungsraten lagen bei 81,8 bzw. 56,5 %, die Überlebensraten bei 62,8 % bzw. 46,7 % [16]. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen weitere Studien [11, 17].
Signifikante Vorteile für die Vene ergab auch eine Studie von Arvela et. aus 2010, bei der 290 infrainguinale Rekonstruktionen bei CLI retrospektiv verglichen wurden [18]. In 130 Fällen erfolgte die Rekonstruktion mit Armvenen, in 160 mit alloplastischem Material (91,2 % PTFE). Die primäre Offenheitsrate zeigte nach drei Jahren keinen signifikanten Unterschied (31,4 % Vene bzw. 30,3 % Kunststoffprothese). Bei der kruropedalen Revaskularisation (95 % Armvene, 57 % Kunststoff) hingegen zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der Armvenen: primäre Offenheit Vene/Kunststoff 28,3 % bzw. 9,6 %, sekundäre Offenheit Vene/Kunststoff 57,4 % bzw. 11,2 %, Beinerhalt Vene/Kunststoff 75 % bzw. 57,1 % und Überleben Vene/Kunsstoff 58,8 % bzw. 39,5 %.