Die erste Beschreibung des rektalen Verschiebelappens 1902 geht auf Noble zurück [1]. Die Noble´sche Technik wurde von Elting im Jahr 1912 und Laird im Jahr 1948 modifiziert und auch bei Analfisteln verwendet [2, 3]. 1985 berichteten Aguilar et al. über eine Rezidivrate von nur 1,5 % bei 198 Patienten [4]. Girona´s Beobachtungen zur Ätiologie und Pathogenese von Analfisteln, die mit einem Verschiebelappen behandelt wurden, wurden 1987 veröffentlicht [5]. Nur 6 % der 330 Patienten, von denen 74 % voroperiert waren, zeigten Rezidive. Die durchschnittliche Follow-up-Laufzeit betrug 5 Jahre.
Unterschieden werden folgende Flaps:
- Submukosa-Mukosa-Flap
- Mukosa-Muskel-Lappen (Vollwandlappen, RAF = Rectal-Advancement-Flap)
- Mukosa-Lappen mit Anteilen des M. sphincter ani internus (partieller Lappen)
Der anodermale Flap, bei dem die innere Fistelöffnung durch einen Verschiebelappen von perianal gedeckt wird, spielt heutzutage eine untergeordnete Rolle. Die letzte Veröffentlichung dazu datiert aus dem Jahr 2007.
Es ist schwierig, Qualitätskriterien zur Bewertung verschiedener Verfahren zu definieren, u.a. hängen diese von der Patientenselektion, der Ätiologie der Fistel und der Nachbeobachtungsdauer ab [6]. Relevante randomisierte Studien sind immer noch selten, was bedeutet, dass die Evidenz in der Regel dürftig bleibt [7].
Ein Review und eine Metaanalyse von Balciscueta et al. aus dem Jahr 2017 berichten über die Erfahrungen mit verschiedenen Lappentechniken bei komplexen kryptoglandulären Fisteln [8]. Unter den 5575 Studien, die zwischen 1985 und 2015 veröffentlicht wurden, entdeckten die Autoren 26 relevante Studien mit insgesamt 1655 Patienten, von denen nur 5 prospektive waren. Von den 26 Untersuchungen betrafen 6 einen Mukosa-Flap, 13 einen partiellen und 3 einen RAF. Eine Studie kombinierte unterschiedliche Flap-Dicken und 3 Studien verglichen verschiedene Flap-Techniken. Die Patienten hatten insgesamt 663 Mukosa-Flaps, 768 partielle Flaps und 224 RAF. Die durchschnittliche Follow-up betrug 30,3 Monate (3 bis 93,6 Monate). In zwölf Studien wurde eine Fistulektomie durchgeführt, in sieben eine Kürettage und in drei Studien wurden beide Verfahren kombiniert. In vier Studien wurden keine Angaben zum Verfahren gemacht. Die Gesamtrezidivrate betrug 21 % (7,4 % für den RAF, 22,9 % für den partiellen und 26,7 % für den Mukosa-Flap). Hinsichtlich des Vergleichs Fistulektomie und/oder Kürettage ergaben sich keine Unterschiede bezüglich der Rezidivrate (19 % vs. 21 %). Die prä- und postoperative Kontinenz von 622 Patienten wurde in 12 Studien mit verschiedenen Scores ermittelt. Insgesamt betrug die Inkontinenzrate 13,3 % (0-51 %), mit 10,3 % für den Mukosa-Flap, 14,1 % für den partiellen Flap und 20,4 % für RAF. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass keine eindeutigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, bedingt durch den überwiegend retrospektiven Anteil der Studien, die kleinen Fallzahlen und die Heterogenität der Ergebnisse.
Boenicke et al. untersuchten, ob es nach Einsatz eines Verschiebelappens Risikofaktoren für die Rezidiventwicklung gibt [9]. Eine vorherige Abszessdrainage, ein suprasphinkterer Verlauf und ein erhöhter Body-Mass-Index wurden in einer multivarianten Analyse von 65 Patienten als Risiken identifiziert. Im Gegensatz dazu stellten van Onkelen et al. bei 252 Patienten mit hohen transsphinkteren Fisteln fest, dass ein hufeisenförmiger Fistelverlauf Rezidive verringert [10].
Vergleich mit anderen Operationsmethoden
In einer Metaanalyse zum Vergleich Plug und Flap fanden Lin et al. 11 Studien mit 810 Patienten [11]. Es gab keine Unterschiede in den Kurzzeitergebnissen bezüglich Abheilung, Komplikationen, postoperativen Schmerzen und Lebensqualität. Nur vier Studien haben über langfristige Ergebnisse berichtet (Nachbeobachtungszeit > 12 Monate). Bei den Rezidiven erzielten die RAFs signifikant bessere Ergebnisse im Vergleich zum Plug, weshalb die Autoren zu dem Schluss kommen, dass der Plug nicht als primäre Therapiemethode verwendet werden sollte. Zur postoperativen Inkontinenz fanden sich keine Zahlen.
In einer Metaanalyse von Stellingwerf et al. mit 30 Studien, von denen 11 prospektiv waren, wurden mit 1295 Patienten die „Ligation of the intersphincteric fistula tract“ (LIFT) mit dem RAF verglichen [12]. Die Ergebnisse zeigten vergleichbare Ergebnisse hinsichtlich Abheilung und Rezidivrate für RAF und LIFT (74,6 % vs. 69,1 % und 25,6 % vs. 21,9 %).
In einer retrospektiven Studie aus Italien mit 21 Patienten, die entweder mit Permacol (Kollagenimplantat) oder einem RAF versorgt worden waren, wurde eine Rezidivrate von 48 % vs. 35 % ermittelt [13].
Die große Anzahl an verschiedenen OP-Techniken zur Behandlung der Analfistel weist darauf hin, dass es derzeit kein ideales Verfahren gibt, was verschiedene Analysen bestätigen [7, 14 - 17]. In ihrer Metaanalyse stellten Göttkens et al. fest, dass es keine „beste“ Technik gibt, aber der Verschiebelappen das bestuntersuchte Verfahren ist [16].
Bei 28 Patienten kombinierten Borremann et al. einen RAF mit einem Plug [18]. In 75 % der Fälle konnte eine Abheilung nach der ersten Operation und in 86 % der Fälle nach einem zweiten Eingriff mit minimaler Kontinenzstörung erreicht werden.
Technische Varianten und Neuerungen
Es wurden zwei Methoden untersucht, um Ischämieprobleme bei der Konstruktion des Vollwandlappens zu vermeiden [19, 20]. Ein thrombozytenreiches Plasma wurde von Göttkens et al. dem Lappen hinzugefügt [19]. 83 % der Fisteln waren nach 27 Monaten abgeheilt. Turner et al. wandten die Fluoreszenzangiographie während der Operation an sechs Patienten mit sieben Fisteln an [20]. In allen Fällen war der postoperative Verlauf unauffällig.
Der traditionell rhomboidartige Verschiebelappen wurde mit einem elliptisch konfigurierten in einer anderen retrospektiven Untersuchung verglichen [21]. Bei 71 Patienten, davon 37 mit dem elliptischen Flap, zeigte sich nach einer 14-monatigen Follow-up kein Unterschied, mit einer Abheilung von 64 % bzw. 62 %.
Podetta et al. wiesen in einer Untersuchung bei 121 Patienten nach, dass das RAF-Verfahren mit guten Ergebnissen wiederholbar ist [22]. Die Abheilungsrate nach dem ersten Eingriff betrug 73,6 %, nach einem zweiten 94 % und einem weiteren 100 %.
Eine Studie aus Frankreich von Bessi et al. zeigt, wie wichtig die Länge des Follow-ups ist [23]. Die Rezidivrate des RAF-Flaps bei 87 Patienten betrug 16 % nach 3 Monaten, 23 % nach 6 Monaten, 32 % nach 12 Monaten und 41 % nach 24 Monaten.
Fazit
- Die Verschiebelappentechnik ist mehr als 100 Jahre alt, zeigt gute Ergebnisse, ist weltweit verbreitet und somit immer noch aktuell.
- Die Verschiebelappentechniken umfassen Vollwand, partiell und mukosal.
- Die Ergebnisse sind vergleichbar mit denen anderer sphinkterschonenden Verfahren.
- Im Gegensatz zu LIFT sind Inkontinenzen bei gleicher Rezidivrate geringfügig häufiger.
- Um die Ergebnisse zu verbessern, werden die TAMIS-Technik, die intraoperative Fluoreszenzangiographie, die Anreicherung mit Thrombozyten und die Kombination Flap & Plug untersucht.