Minimal-invasive onkologische Kolonchirurgie
In der Therapie der kolorektalen Karzinome ist die chirurgische Resektion des tumortragenden Darmsegments essenziell. Das wesentliche onkologische Prinzip umfasst dabei die zentrale Ligatur der arteriellen Gefäßversorgung mit Durchführung einer kompletten mesokolischen Exzision (CME) sowie vollständiger Entfernung aller dem jeweiligen Darmsegment zugeordneten Lymphknoten [1, 2].
Zahlreiche randomisiert-kontrollierte Studien mit strengen Ein- und Ausschlusskriterien und klaren Vorgaben zur Qualifikation der Operateure sowie registerdaten- und populationsbasierte Studien belegen die Gleichwertigkeit der laparoskopischen Kolonresektionen (LCR) im Vergleich zu konventionell-offenen Resektionen (OCR) im onkologischen Setting [3-13].
Im Vergleich zur OCR zeigt die LCR eine längere Operationszeit, einen geringen intraoperativen Blutverlust, weniger postoperativen Analgetikabedarf, eine geringere postoperative Darmatonie sowie eine kürzere stationäre Verweildauer [4, 6, 10, 14, 15, 16]. Bei der postoperativen Mortalität zeigen umfangreiche RCTs keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen OCR und LCR [3, 4, 6,17], in populations- und registerdatenbasierten Studien wird sie in der LCR-Gruppe als geringer ermittelt [8, 11, 13].
Bei der Entscheidung OCR oder LCR sind Tumorlokalisation, niedriges T-Stadium, geringer eingeschätzte Tumorgröße, jüngeres Patientenalter, weibliches Geschlecht, Art der Klinik und elektives Setting Prädiktoren für eine Entscheidung zugunsten der LCR [9, 11, 18].
Auch bei kolorektalen Karzinomen hängt die Prognose des Patienten von der Anzahl der mit dem Resektat entfernten Lymphknoten ab [1, 19]. In großen RCTs ergibt sich bei der LCR-Gruppe eine der OCR-Gruppe vergleichbare Anzahl an entfernten Lymphknoten [4-6, 15, 17].
Zahlreiche Studien wurden vor Etablierung des CME-Prinzips durchgeführt. Eine Metaanalyse aus 2017 zeigte allerdings, dass bei Resektionen unter CME-Standards hinsichtlich der Anzahl entfernter Lymphknoten und der Oberfläche des resezierten Mesokolons weitestgehend eine vergleichbare Resektatqualität zwischen LCR und OCR besteht [20].
Bei den berichteten Konversionsraten zum konventionell-offenen Vorgehen besteht eine gewisse Heterogenität. In großen RCTs liegt sie zwischen 11 und 25 % [3-6], in populations- und registerdatenbasierten Studien zwischen 5,7 und 19 % [11, 21-23]. Über die Zeit der LCR-Anwendung, der zunehmenden Erfahrung der Operateure sowie Erfahrung in der Patientenselektion nimmt die Konversionsrate ab (11,8 % → 8,6 % [21]). Im MRC-CLASSIC-Trial ist eine Konversion bis hin zum 10-Jahres-Follow-up konsistent mit einem signifikant höheren Rezidivrisiko und einem krankheitsassoziierten Versterben verknüpft [24]. Die Konversion ist mit einem höheren Risiko für postoperative Komplikationen verbunden [22].
Als Risikofaktoren für eine Konversion werden u.a. angegeben:
- hoher Body-Mass-Index
- höhere ASA-Klassifikation
- abdominelle Voroperationen
- männliches Geschlecht
- Tumorlokalisation im Colon transversum und linksseitigem Hemikolon
In einer Arbeit aus 2012 mit einer Konversionsrate von 15,8 % entfielen 20,8 % auf Eingriffe am Colon transversum, 20,7 % auf das linksseitige Hemikolon, 15,6 % auf das rechtsseitige Hemikolon und 14,3 % auf das Sigma [25]. Weitere Einflussfaktoren auf die Konversionsrate sind die lokale Tumorausdehnung sowie Häufigkeit von in einer Klinik durchgeführten LCRs [18, 21, 26].
Ob sich ein neues operatives Verfahren (hier: LCR) im onkologischen Setting etablieren kann, hängt von der Vergleichbarkeit, ggf. auch Überlegenheit mit dem aktuell etablierten Verfahren (OCR) hinsichtlich Gesamtüberleben, erkrankungsfreien Überleben und Rezidivrate ab. Die initial postulierten erhöhten Risiken von Implantationsmetastasen der Bauchdecke (Trokarinsertionen) und eine Tumorzelldissemination konnten rasch widerlegt werden [27-29]. Große RCTs zeigen eine Vergleichbarkeit der LCR gegenüber der OCR für Gesamtüberleben und erkrankungsfreies Überleben sowie der Häufigkeit an Lokalrezidiven und Fernmetastasen [27, 29-32]. Einige registerdaten- und populationsbasierte Studien ergeben eine Überlegenheit der LCR gegenüber der OCR, wie beispielsweise in der Arbeit von Völkl et al [9]. Ein signifikanter Unterschied ergibt sich allerdings nur für die Stadien T1 bis T3, nicht jedoch für T4 und/oder Fälle mit Lymphknotenmetastasen. In einer weiteren Arbeit wird ebenfalls ein signifikanter Überlebensvorteil nach LCR beschrieben, allerdings unabhängig von Tumorlokalisation und T-Stadium [7].
Bei lokal fortgeschrittenen Befunden (T4a und T4b) legt die aktuelle Studienlage nahe, dass auch in einer T4-Situation die LCR zu zufriedenstellenden onkologischen Ergebnissen führen kann und die LCR sicher und nicht der OCR unterlegen erscheint [9, 33, 34].