Komplikationen - Atypische Schilddrüsenresektion: Restthyreoidektomie nach vorangegangener Hemithyreoidektomie

  1. Prophylaxe und Management intraoperativer Komplikationen

    Blutung

    Eine Blutung aus der A. thyreoidea inferior oder der Kocher`schen Vene kann den Überblick im OP-Situs unmöglich machen.

    • keine hektischen Versuche, in einem unübersichtlichen Wundgebiet die vermeintliche Blutungsquelle mit Klemmen zu fassen
    • Wunde zunächst mit Kompressen tamponieren, für eine optimale Einstellung des OP-Gebietes sorgen (Langenbeck-Haken!)
    • unter Einsatz eines Saugers die Kompressen schrittweise entfernen und versuchen, das blutende Gefäß gezielt mit einer Klemme zu fassen
    • bei jedem Schilddrüseneingriff sollte die vor dem Wundverschluss erfolgende Kontrolle auf Bluttrockenheit unterPEEP-Beatmung des Patienten durchgeführt werden
  2. Prophylaxe und Management postoperativer Komplikationen

    2.1. Läsionen des N. laryngeus recurrens (“Recurrensparese”)

    Inzidenz:

    • 1-2%, bei Rezidiveingriffen 2-8 %
    • Patienten mit einem Schilddrüsenmalignom haben das größte Risiko einer permanenten Recurrensparese

    Ursache

    • meist intraoperative Zerrung und Quetschung des N. laryngeus recurrens (NLR)
    • selten Kontinuitätsunterbrechung
    • auch durch Druckschäden nach postoperativer Blutung und durch endotracheale Intubation

    Endotracheale Intubation

    Nicht nur durch die intraoperativen Manipulationen kann der Nerv geschädigt werden, sondern auch durch die endotracheale Intubation (intubationsbedingte Recurrenspareserate 1,4 % passager, 0,5 % permanent). Dass das möglich ist, zeigen Fälle von postoperativen Recurrensparesen nach halsfernen Eingriffen. Mögliche Gründe: intralaryngeale, submukös verlaufende Aufzweigungen des N. laryngeus recurrens, falsche Positionierung des Cuffs (z. B. innerhalb des Kehlkopfs), Extubation bei geblockter Manschette. Empfohlen wird daher die Kontrolle des Cuffs vor der Intubation auf Symmetrie, gelegentliche Entlüftung, regelmäßige Druckkontrollen insbesondere bei längeren Eingriffen sowie eine sehr sorgfältige Lagerung des Patienten bei liegendem Tubus zur Prophylaxe einer Druckschädigung des der Trachealwand anliegenden NLR.

    Weitere Ursachen einer intubationsbedingten Heiserkeit ohne Läsion des NLR: Es kann sich um eine „normale“ postoperative Heiserkeit nach ITN handeln (bei rund 30% aller Patienten nach ITN vorkommend) oder um intubationsbedingte Schäden wie Schleimhautverletzungen, Hämatome, Verletzung der Stimmlippen und Luxation des Aryknorpels.

    Folgen

    • Stimmstörungen, Schluckstörungen und Beeinträchtigungen der Atmung
    • bei bilateraler Recurrensparese ist häufig eine Tracheotomie erforderlich

    Prophylaxe

    Das Risiko einer akzidentellen Verletzung des NLR lässt sich durch zwei, sich ergänzende Maßnahmen mindern:

    • konsequente Darstellung des NLR, insb. bei totalen Lappenresektionen: visuelle Identifikation als Goldstandard
    • intraoperatives Neuromonitoring (IONM): elektromyographische Funktionsdarstellung von NLR und N. vagus

    Zur Schonung des Stimmbandnerven und auch der Epithelkörperchen tragen ebenfalls bei:

    • sog. Mikrodissektionstechnik unter Verwendung optischer Instrumente (Lupenbrille)
    • die Verwendung schonender Blutstillungsverfahren (bipolare Koagulation, Gefäßclips, “vessel sealing”, Ultraschalldissektion)

    Grundlegende Informationen über das intraoperative Neuromonitoring erfahren Sie unter: IONM

    Prädilektionsstellen einer Läsion des NLR sind:

    • oberer Pol: bei Massenligaturen an der Stelle, wo der Nerv in die Pars cricopharyngea des M. constrictor pharyngis inferior eintritt
    • unterer Pol: bei brüsker Luxation des Pols mit dem Finger

    N. laryngeus superior

    • der Ramus externus des N. laryngeus superior überkreuzt, hinterkreuzt oder durchkreuzt die Polgefäße in unmittelbarer Nähe zum oberen Schilddrüsenpol
    • eine Läsion des Nervenastes kann eine Dysphonie mit verminderter stimmlicher
      Leistungsfähigkeit im Sinne einer Verminderung des Stimmumfanges und schneller Ermüdung der Stimme zur Folge haben
    • der besonderen Anatomie sollte durch eine kapselnahe und schonende Präparation des oberen Pols Rechnung getragen werden
    • die routinemäßige Darstellung des Nervenastes kann durch bisher vorliegenden Daten nicht begründet werden und wird von den aktuellen Leitlinien daher nicht empfohlen

    2.2. Nachblutung

    Inzidenz:

    • 0,3-5 %
    • die meisten Blutungen entwickeln sich innerhalb der ersten 12-24 h postoperativ
    • empfindlichste Zeitspanne für Nachblutungen: Aufwachphase nach der Extubation wegen intrathorakaler Drucksteigerung
    • variables Blutungsausmaß: Sugillationen in der Haut, Hämatome unter dem Platysma, lebensbedrohliche Blutungen mit Asphyxie

    Die Nachblutung ist in der Schilddrüsenchirurgie die einzige eingriffstypische Komplikation, die zu einer vital bedrohlichen Situation führen kann. Bei arteriellen Blutungen dringt das Blut unter hohem Druck in die Halsloge ein und kann zu Kompression, Schwellung, intubationspflichtiger Atemnot und Asystolie durch Vagusdruck führen.

    • Symptomfreie Hämatome ohne nennenswerte Zunahme des Halsumfangs können konservativ bleiben, Voraussetzung ist jedoch eine engmaschige Beobachtung des Patienten, um jederzeit eingreifen zu können.
    • Vorsicht ist geboten bei Hämatomen, die sich schleichend entwickeln und zu einer Zunahme des Halsumfanges führen. Hier kann es durch Schleimhautschwellungen im Larynx und in der Trachea zu einer massiven Erschwerung einer Intubation kommen, sodass eine Nottracheotomie erforderlich wird.
    • Bei einer akuten arteriellen Nachblutung besteht ein sofortiger chirurgischer Handlungsbedarf.

    Um die Morbidität zu minimieren, ist somit eine frühzeitige Diagnose und verzögerungsfreies, couragiertes Eingreifen erforderlich. Es empfiehlt sich daher die Etablierung eines Nachblutungsmanagements, über das Sie hier mehr erfahren können Notfallplan – Nachblutung nach Schilddrüseneingriffen

    2.3. Hypoparathyreoidismus

    Inzidenz

    • passager 7,3-8,3 %
    • permanent 1,5-1,7 %
    • gesteigerte Häufigkeit permanenter Hypokalzämien bei Schilddrüsenmalignomen (bis 4 %) und bei Morbus Basedow (bis 2 %)

    Ursache

    • akzidentelle Resektion einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen
    • Durchblutungsstörungen durch Verletzung der die Nebenschilddrüsen versorgenden Gefäße
    • werden weniger als 2 oder 3 Epithelkörperchen erhalten, steigt das Risiko eines permanenten Hypoparathyreoidismus signifikant an

    Informationen zum Management des postoperativen Hypoparathyreoidismus finden Sie unter: Postoperativer Hypoparathyreoidismus

    Prophylaxe

    • sichere Identifikation der Nebenschilddrüsen durch gezielte Darstellung
    • nicht nur orientierender Ausschluss von nicht erkennbarem Nebenschilddrüsengewebes in situ oder am Resektat
    • durchblutungsgestörte Nebenschilddrüsen autotransplantieren (in 1 mm ³ große Würfel zerteilen und in eine Tasche des ipsilateralen M. sternocleidomastoideus simultan autotransplantieren; Dokumentation nicht vergessen!)
    • die Nebenschilddrüsen werden überwiegend über die A. thyreoidea inf. versorgt, weshalb die Ligatur nach sicherer Identifizierung des N. laryngeus recurrens möglichst schilddrüsenahe erfolgen sollte

    2.4. Infektionen

    Inzidenz:

    • 0,2-1,4 %
    • Wundinfektionen treten meist als sekundär infiziertes Hämatom auf, Abszesse und Fistelbildungen kommen vor
    • durch ein gutes Wundmanagement bereiten Infektionen in aller Regel keine größeren Schwierigkeiten, hämatogene Streuung und septischer Verlauf stellen eine Ausnahme dar
    • eine signifikante, aber seltene Infektion ist die Mediastinitis, die sich nach einer Schilddrüsenoperation mit transsternalem Zugang entwickeln kann
Äußerst seltene Komplikationen

Nach einer lateralen Halslymphknotendissektion, die üblicherweise bei lymphogen metastasierenden Sc

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