Die Frage der parenchymsparenden Resektion bei Bronchialkarzinomen wird seit längerem intensiv diskutiert. In der überarbeiteten S3-Leitlinie Lungenkarzinom wird nun erstmals die anatomische Segmentresektion für Tumore < 2cm im Stadium I und II als Alternative und gleichwertige Therapieoption zur Lobektomie empfohlen. Bei eingeschränkter Operabilität ist auch für größere Tumore im Stadium I und II eine anatomische Segmentresektion die beste onkologische Therapieoption. (1)
Erweiterte Tumorkriterien für eine limitierte Resektion
In der internationalen Literatur und mit dem Ende einiger wichtiger Studien in 2022 wurden neben der Tumorgröße noch weitere wichtige radiologische Kriterien evaluiert. Insbesondere die Transparenzminderung um den Tumorherd (ground-glass opacity; GGO) und das davon abgeleitete Verhältnis zum Tumorknoten (Consolidation to Tumor Ratio; C/T-Ratio) scheinen hierbei erfolgversprechende Indikatoren.
In Japan konnte in einer großen multizentrischen Studie mit Einschluss von über 1100 Patienten gezeigt werden, dass die Segmentresektion gegenüber der Lobektomie ein verbessertes Gesamtüberleben für Patienten im Studium IA UICC mit einer C/T-ratio > 0,5 darstellte. (2)
In einer weiteren multizentrischen Studie zeigte sich unter Berücksichtigung der GGO-Typisierung sogar eine Keilresektion als onkologisch gleichwertige Firstline-Therapie. (3) Das erscheint insofern plausibel, da eine bildmorphologische GGO-Dominanz stark mit dem Vorliegen eines low-grade Adenokarzinom korreliert. (4)
Ein weiterer Prognosefaktor ist das Vorliegen von Spread Through Air Spaces (STAS). Hierbei kommt es zur Tumorausbreitung über die Atemluft. Während noch weitere Forschung und Studien zu dem biologischen Mechanismus, der Genetik und Stellenwert in der onkologischen Therapie erforderlich sind, ist der Nachweis am pathologischen Präparat vermutlich ein Ausschlusskriterium für eine limitierte Resektion. (5)
Ausblick
Nach Abschluss einiger großer Studien in den letzten Jahren wird auch in der aktualisierten deutschen S3-Leitlinie die Indikation zur anatomische Segmentresektion ausgeweitet. Neben der Tumorgröße wurden bisher keine weiteren Kriterien zur Patientenselektion definiert. Es bleibt zu hoffen, dass nach Abschluss einiger laufender und weiterer zukünftiger Studien Kriterien definiert werden können, die bei bestmöglichem onkologischen Ergebnis das Ausmaß der Parenchymresektion (Keilresektion, anatomische Segmentresektion oder Lobektomie) weiter reduzieren.
ICG in der Thoraxchirurgie
Ein Kernpunkt in der erfolgreichen Durchführung einer Segmentresektion ist die intraoperative Darstellung der Segmentgrenzen. Hier erlebt die anderen Fachbereichen schon länger eingesetzte Methode mit fluoreszierendem Farbstoff ICG (Indo-Cyanin-Grün) in der Thoraxchirurgie eine kleine Renaissance. In einer Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Darstellung der Segmentgrenzen mit ICG effektiver ist als die selektive Belüftung und unabhängig von äußeren Einflüssen wie einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen. (6) In einer chinesischen Expertengruppe wurde 2022 die routinemäßige Verwendung von ICG empfohlen. (7)