Obwohl bereits 1991 die ersten Kolonresektionen in laparoskopischer Technik durchgeführt wurden (11), gab es eine signifikante Verzögerung bei der flächendeckenden Einführung in die kolorektale Chirurgie. Ursächlich waren in der Einführungsphase lange OP-Zeiten, hohe Konversionsraten und vermehrt intra- und postoperative Komplikationen Argumente gegen die laparoskopische Technik.
Auch wenn MIC-Eingriffe mittlerweile zu einem festen Bestandteil in der Behandlung kolorektaler Erkrankungen geworden sind, stellen die Eingriffe wegen ihrer Komplexität immer noch eine gewissen Herausforderung dar, denn:
- Es wird an einem großen, sperrigen, bakterien- und ggf. tumorbeladenen Organ gearbeitet.
- Je nach Befund dehnt sich der Eingriff auf alle 4 Quadranten der Abdominalhöhle aus.
- Die Exposition und Dissektion großer Gewebeflächen ist erforderlich.
- Das Präparat muss geborgen werden.
- In der Regel ist eine Reanastomosierung erforderlich (26).
Technische Verfahrensvarianten
Unterschieden werden rein laparoskopische Eingriffe, bei denen außer den Trokarinzisionen keine weiteren Zugänge geschaffen werden und die sog. Hybridverfahren, bei denen zusätzliche Inzisionen oder die Kombination mit konventionellen Techniken erfolgt, nämlich laparoskopisch-assistiert, handassistiert, laparoskopisch-konventionell und laparoskopisch-endoskopisch. Die Begriffe werden in der Literatur eher uneinheitlich verwendet (1, 3, 20).
Indikationen für die laparoskopische kolorektale Chirurgie
Vorteile des laparoskopischen Vorgehens sind die raschere früh-postoperative Rekonvalszenz durch das geringere Operationstrauma, weniger postoperative Schmerzen, verbesserte Lungenfunktion, rasche Mobilisation und verkürzte Hospitalisation (25, 28), Langzeitvorteile das geringere Auftreten von Narbenhernien und adhäsionsbedingten Dünndarmobstruktionen (4). Hinsichtlich Morbidität und Letalität unterscheiden sich laparoskopische und offene Vorgehensweise in der kolorektalen Chirurgie nicht signifikant (8, 26).
Das MIC-Vorgehen hat jedoch auch Nachteile: fehlende taktile Sensation, die u.U. schwierige komplette Exploration der Abdominalhöhle und der technisch und zeitlich höhere Aufwand. Handassistierte Eingriffe unter Verwendung eines Handports wie im Filmbeispiel stellen eine wesentliche Erleichterung dar, da der Operateur das taktile Gefühl zurückgewinnt. Exploration, Mobilisation und Resektion können sicherer und zügiger durchgeführt werden.
Die Indikationen zur laparoskopischen Kolonchirurgie benigner Erkrankungen unterscheiden sich nicht von den Indikationen zum konventionellen Vorgehen: rezidivierende Sigmadivertikulitis, benigne Sigmastenose, breitbasig aufsitzende, endoskopisch nicht abtragbare Polypen, Angiodysplasie mit chronisch-rezidivierenden Blutungen, Rektopexie, Anlage eines Anus praeter naturalis.
Für maligne Erkrankungen gilt, dass bei entsprechender Expertise und Erfahrung des Operateurs Kolonkarzinome unabhängig von Ihrer Lokalisation onkologisch adäquat reseziert werden können. Ausnahme: organüberschreitende Malignome (T4-Stadium).
Onkologisches Outcome nach laparoskopischen kolorektalen Resektionen
Die Wertigkeit der MIC-Chirurgie in der kurativen Therapie maligner kolorektaler Erkrankungen war lange Zeit Gegenstand kontroverser Diskussionen (21, 22, 24).
Es existieren 4 große prospektiv-randomisierte Studien (Barcelona, COST, COLOR und MRC CLASICC), die die onkologische Sicherheit der laparoskopischen kolorektaler Resektionen mit der offenen Technik verglichen und zu eindrucksvollen Ergebnissen kamen: es bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Zahl entnommener Lymphknoten, des Tumor-Sicherheitsabstands sowie onkologischer Parameter wie Lokalrezidiv, Fernmetastasierung, krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben. Auch eine Metanalyse der 3-Jahres-Überlebensdaten (17) aus den genannten Studien zeigte keinen signifikanten Unterschied im krankheitsfreien Überleben (laparoskopisch 75,8 %, offen 75,3 %) oder Gesamtüberleben (82,2 % vs. 83,5 %). In den Leitlinie „Kolonkarzinom“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. heißt es dazu:
“Die Operation kann bei entsprechender Expertise offen oder laparoskopisch durchgeführt werden. Vorteil der offenen Operation ist die kürzere Operationszeit. Vorteile der laparoskopischen Operation sind das kosmetische Ergebnis, der geringere Blutverlust und potenziell eine schnellere postoperative Regeneration. Die onkologischen Langzeitergebnisse der beiden Zugänge sind vermutlich gleich”.
Für die laparoskopischen kolorektalen Resektionen gilt somit, dass die onkologische Sicherheit nicht beeinträchtigt wird, sofern die onkologischen Grundprinzipien respektiert werden:
- Einhalten der Resektionsgrenzen
- Zentrale Gefäßligatur mit Radikalität bei der Lymphadenektomie
- Vermeidung von Impfmetastasen an den Trokaportalen durch Bergebeutel
- Einhaltung der „No-touch-Technik“ zur Vermeidung der Tumorzellaussaat
Dennoch werden derzeit weniger als 7 % aller Kolonmalignome in laparoskopischer Technik operiert (18).
Kontraindikationen für die laparoskopische kolorektale Chirurgie
Neben den allgemeinen Kontraindikationen für eine Laparoskopie (kardiovaskuläre oder pulmonale Instabilität, therapierefraktäre Koagulopathien) sind folgende lokale Kontraindikationen zu beachten: große Kolontumoren > 8 cm unklarer Dignität, T4-Tumore, Peritonealkarzinomatose, Dickdarmileus mit Distension, toxisches Megakolon, komplexe Fistelsysteme.
Die häufigsten Komplikationen
In der Qualitätssicherungsstudie „Laparoskopische kolorektale Chirurgie“ (19) aus den Jahren 1995 bis 2004 mit über 4800 Patienten lag die Konversionsrate bei 5,6 , die intraoperative Komplikationsrate bei 5,4 % und die postoperative Komplikationsrate bei 14 %. Die intraoperativen Komplikationen teilten sich wie folgt auf: Blutungen 1,7 %, iatrogene Darmverletzungen 1,3 %, Ureterverletzungen 0,3 % und Blasenverletzungen 0,1. Bei den postoperativen Komplikationen war die Anastomoseninsuffizienz führend mit 3,1 %. Es bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede bei den Majorkomplikationen zwischen offenen und laparoskopischen Resektionen.
Port-Site-Metastasen
In den frühen 1990er Jahren hat das gehäufte Auftreten von Trokarmetastasen bei der laparoskopischen Therapie kolorektaler Karzinome für große Aufregung gesorgt, initiale Angaben lagen bei über 20 % (5, 6, 23). Die meisten Metastasen (80%) traten innerhalb des ersten Jahres an Trokarzugängen auf, die nicht zur Extraktion des Resektats benutzt worden waren und wurden auch gesehen, wenn ein Bergebeutel verwendet wurde.
Das gehäufte Auftreten von Trokarmetastasen in der laparoskopischen Chirurgie wurde auf verschiedene Ursachen zurückgeführt: erhöhter intraabdomineller Druck, Kamin-Effekt durch den Überdruck, Tumorzellverschleppung durch Instrumente und sonstige Manipulationen. Diskutiert wurde auch die Rolle des CO2, das Tumorzellen stimulieren kann, wobei die Azidose und der veränderte intrazelluläre Calciumstoffwechsel eine Rolle spielt, aber auch immunologische Effekte wie das Zytokinverhalten und auch das Tumorstadium der operierten Patienten.
Das in späteren Studien die Rate der Trokarmetastasen deutlich (10, 14) sank, führte zur Überlegung, dass augenscheinlich operationstechnische Faktoren eine Hauptursache für die Entwicklung der Metastasen sind: je erfahrener und trainierter der Operateur, desto niedriger die Metastasenrate.
In randomisierten Studien (15, 16) liegt die Häufigkeit der Trokarmetastasen mittlerweile zwischen 0 und 1,4 % und entspricht somit der Häufigkeit von Implantationsmetastasen bei der offenen kolorektalen Chirurgie von 0,6 % (9).